Schäbige Sprechblasen-Kultur

Von Marion Kraske

Drei Jahre sind eine lange Zeit, da werden Kinder gezeugt und geboren, da werden Häuser gebaut, Regierungen ab- und neugewählt, Revolutionen auf den Weg gebracht. Für unsere lieben Politiker aber ist diese Zeitspanne ein Witz, ein Nichts und ihr Handeln ist entsprechend ein Witz – sprich nicht existent.

Das mag im ein oder anderen Fall nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, im Hinblick auf die Missbrauchsfälle in katholischen Schulen, in der reformpädagogischen Odenwaldschule oder in Kinderheimen, die 2010 bekannt wurden, ist das Versäumnis der politischen Klasse unerträglich. Monatelang ist für die Opfer nichts voran gegangen, der Entschädigungsfonds wurde nicht eingerichtet, Bund und Länder schieben sich wie kleinliche I-Dötze den Schwarzen Peter zu. Das Opferschutzgesetz wurde ebenfalls nicht auf den Weg gebracht. Es versackt seit 20 Monaten im Rechtsausschuss des Bundestages. …[ mehr ]

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MAULHELD: Guido Westerwelle

debattiersalon | Maulhelden | Logo: Katharina Greve © 2013„Die FDP ist die Partei der Leistungsgerechtigkeit. Aber drei Euro Stundenlohn hat mit Leistungsgerechtigkeit nichts mehr zu tun.

Schon richtig, Guido Westerwelle (FDP), was Sie in der Bild-Zeitung kundtaten. Eine echte Plattitüde sogar, die Sie aussprachen. Aber natürlich müssen wir dann doch in Ihrer Lieblingssprache als Außenminister mit einem „nice try“ antworten. Netter Versuch, mit dem Sie sich mal wieder in die Niederung der Innenpolitik wagen. Doch allein schon die sonst so öde Nachrichtensprache erklärt ja alles: …[ mehr ]

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MAULHELD: Wolfgang Ingold

debattiersalon | Maulhelden | Logo: Katharina Greve © 2013„Eine noch stärkere Überwachung würde dazu führen, dass Sie nahezu neben jedes Rind jemanden stellen müssen und sagen, da muss ich jetzt aufpassen, dass das nicht zum Pferd umfunktioniert wird.“

Wolfgang Ingold ist Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Fleischwaren Industrie (BVDF) und offenbar ein Mann mit Sinn für Humor, den er am Dienstag in einem Interview mit dem RBB-Inforadio bewies. Aber hat Ingold sich mit dieser Absage an stärkere Kontrollen bei der Fleischproduktion angesichts des Pferdefleisch-Skandals tatsächlich einen Gefallen getan? Witze statt Kontrollen, und die Fleischindustrie ist für nichts verantwortlich – gewagte Strategie. Allerdings ist das auch nicht viel sinnfreier als die Aktionsplaneritis von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU).

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AUFGESPIESST: Pro Neger

debattiersalon | Aufgespiesst | Logo: Katharina Greve © 2013Ach, diese bösen Gutmenschen. Jetzt wollen sie uns auch noch die Negerlein aus unseren geliebten Kinderbüchern raus zensieren. Den Negerkönig aus Pippi Langstrumpf und all die anderen kleinen Negerlein aus den Klassikern unserer Kindheit. Da kann es doch nicht wundern, dass alle, die es für ganz natürlich halten, Neger zu sagen, sich seit Wochen wehren, im Feuilleton und am Abendbrottisch und wo immer es geht. Es geht schließlich um unsere Kultur und die Freiheit der Kunst und der Sprache und überhaupt. Und hat es uns denn geschadet, dass wir Menschen mit dunkler Haut Neger nannten? Dass wir „Neger, Neger“ riefen, wenn auf dem Spielplatz ein kleiner Negerkuss rumlief? Keiner dieser Freiheitskämpfer fragt sich, wie denn wohl das als Negerkind verunglimpfte Kind diesen schmutzigen, kleinen Alltagsrassismus empfunden hat. Ob es das lustig fand, das Lied von den zehn kleinen Negerlein zu hören, die nach und nach lustig abkratzen. …[ mehr ]

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DEUTSCHLANDBILD: Dach-DDR

DEUTSCHLANDBILDER | debattiersalon | Foto: Michael Kraske © 2013

Ja, sie lebt noch!

Foto: Michael Kraske © 2013

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Eine katholische Revolution – so werden wir Papst!

Von Michael Kraske

debattiersalon | So werden wir Papst | Foto: © Marcus Müller 2013Der Papst geht freiwillig in Rente. Das ist unerhört, das ist ein katholisches Beben. Das ist gemessen an der Revolution, die es bräuchte, beinahe eine Nichtigkeit. Ich bin Katholik wie schon meine Eltern, ich war Messdiener, ich ging als Kind jeden Sonntag in die Kirche, pendelnd zwischen der Langeweile in einer für Kinder unverständlichen Lithurgie und der Heimat einflößenden Mystik der Bibel-Szenen in bunten Glasbildern zwischen roten Ziegelwänden in meiner Kirche. Eine der ersten Erinnerungen an kirchliche Autorität ist der Besuch unseres Pfarres in unserem Wohnzimmer. Er kam, um meinen Eltern mitzuteilen, dass meine Schwester nicht länger Messdiener sein dürfe. Das dürften in seiner Kirche nur die Jungs. Es gab und gibt für diese Diskriminierung keinen guten Grund, nur den einer aus dem Ruder gelaufenen, sich selbst reproduzierenden Tradition. Mit der gleichen anmaßenden Arroganz wird Frauen das Priesteramt verweigert, wird ein Männerbund aufrecht erhalten, in dem Frauen als minderwertig behandelt werden. Diskriminierung durch meine Kirche habe ich früh gelernt. …[ mehr ]

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MAULHELD: Annette Schavan

debattiersalon | Maulhelden | Logo: Katharina Greve © 2013„Zuerst das Land, dann die Partei und dann ich selbst.“

Mit diesen Worten zitierte Annette Schavan (CDU) am Sonnabend bei der Bekanntgabe ihres Rücktritts als Bundesbildungsministerin ihren Parteikollegen Erwin Teufel zum Umgang mit Verantwortung in der Politik. Was auffällig ist: Von Wissenschaft war dabei nicht die Rede und von deren Autonomie schon gar nicht. Wichtig erschien ihr dagegen, noch einmal von den „anonymen Plagiatsvorwürfen“ gegen sie zu reden, was immer das Anonyme ihrer Ansicht nach belegen soll. „Ich habe in meiner Dissertation weder abgeschrieben noch getäuscht“, sagte Schavan dann auch unverdrossen weiter, obwohl ein Gremium der Universität Düsseldorf ihr genau das sehr eindeutig am Dienstag bescheinigt hatte. Ob ausgerechnet ein Verwaltungsgericht der passende Ort ist, um das endgültig zu klären, diese Frage hat Schavan ja bereits für sich beantwortet. Wie das mit Verantwortung zusammen passt, muss sie selber wissen. Das nicht nur heimliche Schämen dürfen in ihrem Fall dann offenbar andere übernehmen.

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MAULHELD: Die lieben Undeloher

“Wer schützt unsere Frauen vor den Asylanten?”

Ja, so geht es gerade zu im kleinen, beschaulichen niedersächsischen Undeloh. Auf einer Versammlung in der Gaststätte “Heiderose” brach sich dieser Tage das Bahn, was man wohl deutschen Ungeist nennen kann: „Unsere Gäste wollen hier entspannen und nicht Dunkelhäutige oder Frauen mit Kopftuch sehen!“ oder: „Die werden hier an unseren schönsten Plätzen rumgammeln.“ Mit Schaum vorm Mund wettern die lieben Biedermänner seit geraumer Zeit in Brandstiftermanier gegen Pläne des Landkreises, in ihrem pittoresken Ort eine Asylbewerber-Unterkunft zu bauen. Auch Bürgermeister Albert Homann machte keinerlei Anstalten, die schmähenden Verbalentgleisungen seiner Mitbürger zu unterbinden. Am Ende stimmte der Gemeinderat einstimmig gegen eine Nutzungsänderung des Hermann-Löns-Cafés in eine Asylantenunterkunft. Hetze, Vorurteile, rassistische Stereotypisierung – das braucht wirklich niemand. DAS wollen Touristen am allerwenigsten. Wir regen daher an: Macht künftig einen Riesenbogen um die schöne Lüneburger Heide. Undeloh den Undelohern!!!!

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Kinder? Müssen draußen bleiben!

Von Marion Kraske

Es macht wirklich Spaß, in Deutschland Kinder zu kriegen – und natürlich auch zu haben. Die Ehegatten können sich (erst mal nur steuerlich) zum Vorteil der Familie aufsplitten, jede zweite Ehe tut´s dann auch auf andere Weise und das für immer, aber das ist eine andere Geschichte. Es gibt Elterngeld, ja wirklich, ich kenne Familien, die da mal in den Genuss gekommen sind, und seit neuestem auch die entschieden kreativste aller Varianten: Kohle dafür, dass man die kleinen Racker einfach zu Hause lässt und sie so von frühkindlicher Förderung im Kindergarten fern hält. Tolle Sache, oder? Das macht ja auch Sinn, in diesen subversiven Institutionen namens KITAs, in diesen Falkennestern, im Kreise der Alsterzwerge und Schmuddelkinder lernen sie doch sowieso nichts Vernünftiges. Ohnehin alles viel zu viel bio und öko da…. …[ mehr ]

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Braune Zonen

Von Stefan Heijnk

Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Dieser Tage jährt sich dieses fatale Ereignis zum 80sten Mal. Im Bundestag hat Kanzlerin Angela Merkel deshalb auf einer Gedenkveranstaltung zum Holocaust daran erinnert, dass Demokratie immer neu verteidigt werden muss: “Eine lebendige Gesellschaft mit menschlichem Antlitz braucht Menschen, die Achtung und Respekt voreinander haben, die Verantwortung für sich und andere übernehmen, die couragiert und offen Position beziehen – und damit auch bereit sind, Kritik und Gegenwind in Kauf zu nehmen.”

Gebraucht wird eine solche Haltung überall im Land, vor allem aber dort, wo politische Extremisten an Einfluss gewinnen. 80 Jahre nach Hitlers Ernennung gehört es leider zu den Fakten: In Deutschland gibt es Kommunen und Regionen, in denen Rechtsextremismus kein Randphänomen ist. Der SPIEGEL hat dies kürzlich in einer Datenkarte mit dem Titel “Braune Zone” (Stand: 2012) haarklein für die ostdeutschen Bundesländer aufgeschlüssselt. …[ mehr ]

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