Kinder? Müssen draußen bleiben!

Von Marion Kraske

Es macht wirklich Spaß, in Deutschland Kinder zu kriegen – und natürlich auch zu haben. Die Ehegatten können sich (erst mal nur steuerlich) zum Vorteil der Familie aufsplitten, jede zweite Ehe tut´s dann auch auf andere Weise und das für immer, aber das ist eine andere Geschichte. Es gibt Elterngeld, ja wirklich, ich kenne Familien, die da mal in den Genuss gekommen sind, und seit neuestem auch die entschieden kreativste aller Varianten: Kohle dafür, dass man die kleinen Racker einfach zu Hause lässt und sie so von frühkindlicher Förderung im Kindergarten fern hält. Tolle Sache, oder? Das macht ja auch Sinn, in diesen subversiven Institutionen namens KITAs, in diesen Falkennestern, im Kreise der Alsterzwerge und Schmuddelkinder lernen sie doch sowieso nichts Vernünftiges. Ohnehin alles viel zu viel bio und öko da….

Dann rutschen die Minis zu Hause rum, die Muttis bleiben auch gleich da, ist ja nach dem Verständnis so mancher “Familien-Politiker” in diesem Lande ohnehin ihre eigentliche da weibliche Bestimmung. Also ist allen geholfen. Und es reicht ja auch, wenn die Kinder mit Beginn der Schule dann was Außerhäusliches lernen, war doch in den 60er Jahren auch schon so. Und: Hat das etwa geschadet??????

Damit wären die glückseligen Momente im Leben von deutschen Familien aber noch lange nicht beendet, wohin man schaut, wird gefördert, gepämpert und getan. Wer sich zum Beispiel mit seinen Kindern in ein Schwimmbad der Hamburger Bäderland GmbH aufmacht, um sich den grauen Winter mit einer warmen Wasserdusche von der Seele zu spülen, sieht irgendwann den Bademeister auf sich zumarschieren.

Endlich wieder einer, der sich kümmert! Man ist ja so verwöhnt in diesem Kinder-Kümmererland. Diese niemals endende Fürsorge…. „Ihre Tochter muss da raus!“, höre ich den Wohltäter in Badehose sagen. Nett, denke ich, sehr besorgt, aber was meint der Gute? „Kinder dürfen hier in der Woche nicht rein.“ Tja, da prasselt neben dem wohligen Wasserschwarm die brutale Realität auf uns ein: Von montags bis donnerstags sind die warmen Strudel in der Spaß versprechenden Institution namens Midsommerland der Bäderland-GmbH – im Übrigen eine 100-prozentige Tochter der Stadt Hamburg – für Kinder verboten. Von freitags bis sonntags – immerhin – dürfen Kinder dann auch hinein, ins warme Thermal-Wasser. Man will ja nur das Beste, wir sind ja keine Unmenschen.

Die Bäderland-Geschäftsführung immerhin kümmert sich – wenn schon nicht um die Belange der Familien – um meine Beschwerde. Es habe aber auch andere Beschwerden gegeben, heißt es da in dem äußerst kümmerlichen Antwortschreiben. Und: Man müsse schließlich die Bedürfnisse aller berücksichtigen. Will heißen: Wer was gegen Kinder im warmen Wasser hat, der hat gute Karten, hierzulande durchzukommen. Dann liegt man bräsig allein unter´m schönen Strahl, das Becken halbleer. Aber sehr entspannend, dass diese – wie hießen sie doch gleich – ….ähhhh…..Kinder – nicht auch da sind.

In einem anderen Haus der Bäderland GmbH, der Bartholomäus-Therme, wo es auch schön und warm und wohlig zugeht, sind sie noch erfindungsreicher: Kinder müssen da GANZ draußen bleiben. Zutritt verboten. “Sie werden es den Erwachsenen nachsehen.” Nun ja, das müssen die lieben Kleinen dann also, das müssen WIR verstehen. Kommt ja nicht jeder klar, mit diesem reichen deutschen Kindersegen, da muss man sich schützen – vor allem all jene, die verschont geblieben sind von ihm.

Auf Bundesebene werden Steuermilliarden dafür ausgegeben, damit Kinder NICHT in den Genuss von Kindergartenbetreuung kommen. Und auf kommunaler Ebene werden Steuermillionen (die ja auch von Familien gezahlt werden – oder habe ich da was falsch verstanden?) dazu genutzt, öffentliche Bäder zu betreiben, in deren Genuss Familien per Hausordnung ebenfalls NIE kommen werden. Was, bitte schön, kommt denn dann wohl als nächstes? Busse, die kinderfrei fahren, weil es sonst zu laut und zu trubelig ist? Fußgängerzonen, die nur zu bestimmten Zeiten von Familien betreten werden dürfen, um den Kinderterror zeitlich zu begrenzen? Der Kreativität unserer Kümmerer, so viel ist sicher, sind keine Grenzen gesetzt.

Vorerst bleibt aber erst mal nur der Gang ins Kinder-DINOLAND (“HIER haben die Kleinen ihren Spaß”), einer Art Resort der Bäderland GmBH für den Nachwuchs. Da liege ich dann zitternd im knietiefen Wasser, die wärmenden Düsen weit weg, die Saurier pissen, der Wasserfall prasselt, die Kids toben. Oh Deutschland, heiliges Paradies aller Familien! Oder um mit dem Slogan der Hamburger Bäderland zu sprechen: „Rein ins Vergnügen!“

Und hier noch ein Artikel zum Thema: Danach liegt Deutschland liegt in Europa in Sachen Kinderfreundlichkeit auf dem vorletzten Platz. Wundert´s wen?

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2 Antworten auf Kinder? Müssen draußen bleiben!

  1. Moin sagt:

    Sehr schöner Artikel. Gefällt mir.

    Kleine Korrektur: Das Betreuungsgeld ist für Kinder unter 3 Jahre, die nicht in eine KiTa gehen. Es wird also nicht für Kindergartenkinder gezahlt.

    Ich bin übrigens für das Betreuungsgeld, aber das ist ja nicht das Thema hier.

  2. Friedrich sagt:

    Hallo Marion, kleine Geschichte dazu. Vor ein paar Jahren ging ich auf der Strecke von Frankfurt/Oder nach Berlin in Fürstenwalde baden. Im dortigen Bad schaukelten fünf große aufgepumpte Lastwagenräderschläuche lustig mit Muttis, Papas und Kindern durch die Gegend. Ich bat den Bademeister, mir doch eine kleine Bahn am Rande frei zu machen. Antwort:” Ja, Meister, bei uns ist es so, wie es ist, und Du musst ja nicht hier schwimmen , wa??”