Von Marcus Müller
„Vor dem Gesetz sind alle gleich“, hat der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm Dienstagfrüh im Deutschlandfunk zu den Errungenschaften des Rechtsstaats gesagt. Zumindest einigen Gesetzgebern war diese Aussage schon ein paar Stunden später piepegal: Blüms Parteikollegen von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion empfingen nach zehn Jahren erstmals wieder den Alt- und früheren Dauer-Kanzler Helmut Kohl. Sie feierten dessen Wahl zum Bundeskanzler vor 30 Jahren. Die Szene: Ein schwerkranker Mann wird im Rollstuhl in den Saal geschoben, an seiner Seite Fraktionschef Volker Kauder, stehender Applaus, auch von Kanzlerin Angela Merkel, verklärte Gesichter, Handybilder. So wird in diesem Land Politik gemacht.
Da darf einer schon mal illegal Geld kassieren und sein so genanntes, besser: angebliches Ehren-Wort über die Regeln des Rechtsstaats stellen. Als ehemaliger Bundeskanzler, also als Mann, der den vom Grundgesetz in Artikel 56 vorgeschriebenen Amtseid geschworen hat, „das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes [zu] wahren und [zu] verteidigen“. Das ignoriert er bis heute. Ebenso Artikel 21, der Parteien auferlegt, über ihre Mittel „öffentlich Rechenschaft“ zu geben. Vor Gericht kam er glimpflich davon, auch, weil das Parteiengesetz löchrig ist, wie der sprichwörtliche Schweizer Käse. Kohls Partei trottet ihm nun wieder hochoffiziell hinterher, trotz Merkels Bruch mit ihm in der „FAZ“ Ende 1999. Schon vor drei Jahren saß sie im Wahlkampf gerne auf seiner Terrasse in Oggersheim, für ein bisschen nationalen Pathos tut auch diese Kanzlerin einiges. …[ mehr ]