B-NOTE 10 | Meidet Merkel Medien?

Von Marcus Müller

Politikblog debattiersalon | B-Note | Logo: Katharina Greve © 2013Jetzt ist sie aber wirklich tot, die Zeitung, habe ich vor ein paar Wochen noch gedacht. Das kam so: Thomas de Maizière hörte dies und das über eine Drohne, die nicht zu gebrauchen war und sein Verteidigungsministerium doch noch anschaffen wollte. Aber der Minister hörte erst davon, als alles entschieden war. Vorher war ihm dieser „Euro Hawk“ ein völlig unbekanntes Flugobjekt. Na ja, zuerst hieß es, dass er dieser Drohne praktisch nie zuvor so richtig entscheidungsmächtig, oder wie das heißt, begegnet war. Dann allerdings schon, aber nicht in einer Akte. Darauf begegnete ihm der „Euro Hawk“ sogar auch in einer Akte, aber nicht in einer richtigen. Zwischendrin erfuhren ein paar Bundestagsabgeordnete ein bisschen was von dem Thema. Und dann machte ein Journalist, was ein Journalist gerne macht: Er schaute ins Archiv. Und siehe da! Hatte alles doch schon in der Zeitung (und so was Ähnlichem) gestanden, was sich da über dem „Euro Hawk“ zusammenbraute, bevor der korrekte Minister damit – in was für einer Form auch immer – „befasst“ worden war.

Aber die Zeitung hatte er natürlich nie gelesen. Man muss sich den Frühstückstisch der Familie de Maizière als einen zeitungsfreien Ort vorstellen. Und wozu machen sie in mörderischer Frühe diese Pressespiegel in Ministerien? Runde Ablage wird das in den Behörden dieses Landes mit dem berühmten Mangel auch an sprachlichem Humor genannt. Da habe ich gedacht: Tot! Wenn selbst die, die ständig drin vorkommen und die auch ihre Bedeutung daran messen, ob und wie sie darin stehen, sie nicht mehr lesen – dann geht es der Zeitung echt elend. Aber es gibt Hoffnung, und wie so oft in letzter Zeit, trägt die einen blassen Blazer: Bundeskanzlerin Angela Merkel. …[ mehr ]

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Kapitalismus: Von Menschen und Märkten

Politikblog debattiersalon | Von Menschen und Märkten: Hat sich der Kapitalismus in den Sand gesetzt? | Foto: Michael Kraske

Von Michael Kraske

Nach einer Periode hingenommener Selbstverständlichkeit herrscht krisenbedingt wieder Erklärungsbedarf zum Kapitalismus. Kritiker und Verteidiger sind sich einig in der Beschreibung seiner nahezu unkontrollierten Wirkmächtigkeit. Die Defekte sind erkannt und analysiert, aber es fehlen effiziente Akteure und Werkzeuge, die sie beheben könnten.

Wenn der Soziobiologe Eckart Voland zeigen will, dass Marktverhalten einen biologischen, weit vor der Menschheit fußenden Ursprung hat, greift er tief in die tierische Beispielkiste. Dann wirft er Fotos von einem prächtigen Pfauengefieder an die Wand, das seinen Besitzer zwar flugunfähig macht, aber in all seiner protzenden Überflüssigkeit zum signaltragenden Selbstdarsteller der besten Gene. Der größte Blender kriegt auf dem tierischen Markt der Eitelkeiten das beste Weibchen. Drastischer noch das Verhalten männlicher Kröten, die beim hemmungslosen, kollektiven Besteigungsversuch des Krötenweibchens dieses schon mal erdrücken können. Voland führt dazu aus, dass jede Kröte, die sich aufgrund eines sozialen Impulses hinten anstellen würde, im Wettkampf um die Verteilung der eigenen Gene gnadenlos gegen die rücksichtslosen Egoisten verlieren würde. Die Botschaft: Gier ist natürlich. Auf den biologischen Märkten setzt sich der Stärkste durch. …[ mehr ]

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DEUTSCHLANDBILD: Mamas Cop

DEUTSCHLANDBILD: Mamas Cop | Politiblog debattiersalon | Foto: Martin Langer © 2006Deutsche Begegnungen – eine Momentaufnahme aus dem Hamburger Park Planten un Blomen.  Foto: Martin Langer © 2006

Mehr Informationen zu Martin Langer hier: www.langerphoto.de und bei Wikipedia.

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MAULHELD: Hans-Peter Friedrich

“Ich gehe davon aus, dass unsere amerikanischen Freunde ein ähnliches Rechtsverständnis haben wie wir.”

Politblog debattiersalon | Maulhelden | Logo: Katharina Greve © 2013 Schön gesprochen von unserem Innenminister in der vergangenen Woche im Bundestag, als die Parlamentarier das Prism-Programm der US-Geheimdienste erörterten. Seine Worte zeugen allerdings von bahnbrechender Unkenntnis und grenzenloser Naivität. Gänzlich ungewohnt gab sich Hans-Peter Friedrich denn auch wie ein sanftmütiger Prediger: Er, der sonst gerne in Ausrufezeichen redet und Unerbittlichkeit zum persönlichen Programm erhoben hat, wartete vor allem mit Fragezeichen auf: „Was ist dran an diesen Presseberichten?“, fragte er hilflos. „Wir haben ja bislang nur Meldungen, und wir haben Stellungnahmen, wonach die Presseberichte nicht zutreffend sind.“

Ach ja, die guten Stellungnahmen, wonach das alles nicht zutreffend ist… Was bitte schön, hat Friedrich in der vergangenen Woche gemacht? Sich zurückgelehnt und darauf gehofft, dass der IT-Spezialist Edward Snowden ein Spinner ist, der sich die unglaublichen Geschichten vom überdimensionalen Ausspähprogramm der Amerikaner nur ausgedacht hat? …[ mehr ]

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Verfassungsschutz: Die Sabotage geht weiter!

Von Michael Kraske

Die ersten Wochen des NSU-Prozesses mit ihren prozessualen Scharmützeln und trippelschrittigen Vernehmungen haben gezeigt, wie zäh und langwierig allein die strafrechtliche Aufarbeitung der Nazi-Mordserie sein wird. Da wäre es umso wichtiger, dass die bisher folgenlos gebliebenen Defekte im Staatsapparat, die Versäumnisse, Fehler, Schlampereien und bewussten Manipulationen etwa in den Verfassungsschutzämtern rigoros aufgeklärt und durch Reformen und radikale Umbauten abgestellt werden. Anderthalb Jahre nach Auffliegen des NSU-Terrors müsste die demokratische Zivilgesellschaft erwarten dürfen, dass die beteiligten Behörden alles, aber auch wirklich alles unternommen haben, um die Vorgänge rund um das mordende Nazi-Netzwerk restlos aufzuklären. Dass sie sich bedingungslos den Parlamenten und deren Ausschüssen fügen und ihr demokratieschädigendes Eigenleben abgestellt haben. Wer´s glaubt, wird treudoof selig. …[ mehr ]

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Ein bisschen mehr Snowden!

Von Marion Kraske

Die Welt rätselt derzeit: Was wird aus dem Prism-Enthüller Edward Snowden? Was wird aus dem Mann, der – wie schon WikiLeaks-Gründer Julian Assange – politisches Asyl in Ecuador beantragt hat? Wird er sich auch tatsächlich dorthin begeben? Der Akt ist zweifelsfrei bemerkenswert: Ein Mitbürger aus dem Land, das sich seiner uneingeschränkten Freiheiten rühmt – also in besonderem Maße auch der Meinungsfreiheit – will sich freiwillig in die Obhut ausgerechnet jenes lateinamerikanischen Landes begeben, in dem es – um es freundlich auszudrücken – mit der Wahrung der Grundrechte und eben dieser Meinungsfreiheit nicht eben zum besten bestellt ist.

Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen kritisiert immer wieder das rigide Vorgehen des ecuadorianischen Präsidenten gegen kritische Journalisten, der landesweit bekannte Kolumnist Emilio Palacio floh vor der Verfolgung in die USA (!) und erhielt dort im vergangenen Jahr Asyl. …[ mehr ]

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Stillgestanden für die Freiheit!

Von Michael Kraske

Lieber Recep Tayyip Erdogan,

ich mag das Land, in dem Sie Ministerpräsident sind. Sehr sogar, auch wenn ich zugeben muss, dass ich bisher nicht mehr kennen gelernt habe als das Meer, den Blick auf großartige Berge und freundliche Menschen. Was man selbst an der Türkischen Riviera beobachten kann, ist das friedliche Nebeneinander von Religion und Weltlichkeit, von Tradition und Moderne. Seit Tagen haben mich und viele andere die Bilder aus Istanbul erschüttert. Die Brutalität der Polizei. Das Tränengas. Ihr Vize hat den Demonstranten mit der Armee gedroht. Sie selbst haben den Sieg über die ausgerufen, die Sie in die Nähe des Terrorismus gerückt haben. Ohnmächtig verfolgen wir hier in Deutschland dieses Trauerspiel, erschrocken über die Gewalt, aber auch tief beeindruckt von der mutigen Sehnsucht nach Freiheit, die so viele Türken in sich und auf die Straße tragen. Der Choreograph Erdem Gündüz hat mit seinem mutigen, friedlichen Stillstand der Sehnsucht nach Freiheit eine Form gegeben, die so viel stärker ist als Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke. Gewalt, egal von wem, ist immer Kapitulation. …[ mehr ]

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MAULHELDIN: Angela Merkel

„Wenn Abgeordnete eine entsprechende Anfrage stellen, informieren wir sie ohnehin heute schon über abschließende Entscheidungen unmittelbar, indem wir ihre Frage beantworten.“

Politblog debattiersalon | Maulhelden | Logo: Katharina Greve © 2013 Alles klar? Die oberste Nebelkerzenwerferin der Republik, Angela Merkel, versicherte in einem Interview mit dem SPIEGEL jüngst treuherzig, wenn auch reichlich verschwurbelt, weitgehende Aufklärung, wenn es um Waffenlieferungen an arabische Länder geht. Mit dem schönen Wörtchen „WIR“ meinte Merkel den Bundessicherheitsrat, dieses klandestine Trüppchen, in dem immer wieder hoch umstrittene Rüstungsdeals mit nicht immer ganz demokratischen Staaten beschlossen werden. Als der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels, seines Zeichens Verteidigungsexperte, die Kanzlerin beim Wort nahm und nachfragte, in welche Länder der Arabischen Halbinsel der Bundessicherheitsrat denn 2012 und 2013 Rüstungsgüter entsandt habe und in welchem Umfang, kam folgende Antwort, sofern man sie als solche bezeichnen mag: Die Bundesregierung, so zitiert die FAS die Aussage aus dem Wirtschaftsministerium, äußere sich nicht zu den Sitzungen des Bundessicherheitsrates. „Weder zu deren Zeitpunkt. Noch zu deren Inhalt.“ Diese unterlägen (zum Mitschreiben) der “G-e-h-e-i-m-h-a-l-t-u-n-g”. Alles klar?

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Du bist Zschäpe: Ein Publizist zwischen Unkenntnis und Selbstmitleid

Von Johannes Kiess

Wolfgang Bok mag sich glücklich schätzen. Nicht nur auf Grund der Flutkatastrophe wird derzeit so gut wie nicht mehr über den Münchner NSU-Prozess berichtet. Die Aufmerksamkeitsökonomie der Medien sorgt für Abwechslung. Vor allem sitzen „Deutschland“ und „damit letztlich wir alle“ nicht mehr so öffentlich auf der „Anklagebank“ wie Wolfgang Bok jüngst auf Cicero online beklagte. Die seltsam anmutende Trotzreaktion „Sind wir nun Zschäpe?“ auf einen Mordprozess, dessen Dimension in der Tat nicht alltäglich für eine Demokratie ist, lädt geradezu ein, noch einmal einige Dinge klarzustellen.

Grundsätzlich zeugt der Artikel von unreflektierten Identitätskonstruktionen – als ob die Frage der Verantwortlichkeit der deutschen Sicherheitsbehörden Herrn Bok in persona auf die Anklagebank in München versetzen würde. Dazu kommt eine gehörige Portion Angst vor dem eigenen Vormodernen, die er dann doch aber nur auf die Türkei projiziert, die für Bok Inbegriff einer noch lang nicht auf dem westlichen Niveau angekommenen Zivilisationsstufe ist. Was er denn auch mit dem Ausdruck „tiefer Staat“ kennzeichnet. …[ mehr ]

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DEUTSCHLANDBILD: Der hässliche Deutsche

DEUTSCHLANDBILD: Der hässlliche Deutsche | debattiersalon | Foto: Martin Langer © 1992 | Jede Nutzung ist Honorarpflichtig-In Rostock-Lichtenhagen kam es Ende August 1992 zu auslaenderfeindlichen Ausschreitungen Rechtsradikaler gegen die dortige zentrale Anlaufstelle (ZASt) fuer Asylbewerber. Das Bild zeigt zwei der Zuschauer. Einer der Maenner (rechts) zeigt einen abgewandelten Deutschen Gruss und traegt eine durchweichte Jogginghose (der Hosenpisser ) CREDIT: (c) Martin Langer, Hamburg, Germany, Tel. +491772085095, Veroeffentlichung nach MFM, mit Namensnennung und gedrucktem Belegexemplar.Foto: Martin Langer © 1992

Es war im August 1992, als Deutschland seine hässliche Fratze zeigte. Damals wurden in Rostock-Lichtenhagen die Unterkünfte von Ausländern angezündet. Der Mob applaudierte frenetisch, es herrschte eine Atmosphäre des Hasses. Vor lauter Euphorie pinkelte sich einer der begeisterten Zuschauer in die Hose – so geil fühlt sich Rassismus an! Tagelang verfolgte der Hamburger Fotograf Martin Langer die Ausschreitungen im deutschen Nordosten. Sein Foto ist inzwischen zu einem der prägendsten Bilder Nachkriegs-Deutschlands geworden. Als Mahnung findet es sich heute u.a. im Deutschen Historischen Museum in Berlin und im Haus der Geschichte in Bonn.

Langers kritischer Blick, seine besondere Art der gesellschaftlichen Momentaufnahme wird den debattiersalon ab sofort regelmäßig bereichern. Wir freuen uns auf anregende, spannende, provokante und auch schräge Bilder.

Mehr Informationen zu Martin Langer hier: www.langerphoto.de und bei Wikipedia.

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