B-NOTE 09 | Juhro

Von Marcus Müller

Politikblog debattiersalon | B-Note | Logo: Katharina Greve © 2013Ich sach’ mal: Als Nachrichtenredakteur hat man’s ja auch nicht leicht. Da fegen gerade Tornados halbe Städte im land of the free weg, viele Tote gab’s. Ägyptische Truppen sind auf dem Sinai unterwegs. In Berlin zeigen sich mehr Steuerbetrüger selbst an. Und dann gibt es da noch dieses Drohnenprojekt „Euro Hawk“, das im Nachrichtenjargon bereits „gescheitertes Drohnenprojekt“ heißt. Ist zwar oft völlig richtig, so ein festes Attribut, aber es ist auch eine sehr gefährliche Sache im Nachrichtengeschäft. Man merkt daran, dass es in der Medienmangel schon ein paar Mal durchgedreht wurde. Gefährlich ist das feste Attribut, weil so etwas wie ein „gescheitertes Drohnenprojekt“ natürlich sehr schnell sehr langweilig wird. Jedenfalls dem Nachrichtenredakteur. Und der macht daher was: Es noch mal ein bisschen besser erklären als bisher? Mehr Hintergründe recherchieren? Quatsch.

Wenn tatsächlich noch irgendetwas die Kreativität in deutschen Redaktionen antreibt, dann ist es die möglichst alberne Darstellung von allem, was mit Politik zu tun hat. Wenn man also beim Info-Radio vom Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) arbeitet, einem ausgewiesenen Nachrichtenprogramm, und sich beruflich mit dem „gescheiterten Drohnenprojekt“ befassen soll – auf welche nahe liegende Frage kommt man dann?

Etwa: Ist das tatsächlich der „Skandal“, der den Verteidigungsminister den politischen Kopf kosten soll/wird/muss? Oder ist politischen Prozessen vielleicht gar nicht so einfach mit Schuldzuweisungen beizukommen, weil sie etwas komplexer als verschüttete Milch auf dem Frühstückstisch sind? Schreit dieser Fall nicht geradezu nach ebenso verwirrenden, nicht eindeutigen, leider aber wohl realistischen Grautönen, weil der Murks vielleicht schon bei Rot-Grün anfing? Wäre das nicht das Thema, weil es neben der Personalisierung sowieso gut in das andere Journalisten-Klischee „Die-sind-ja-alle-korrupt-und-hängen-mit-drin-die-Krähen“ passt?

Nein, das RBB-Info-Radio entschied sich am Dienstag um kurz nach 14 Uhr, die viel näher liegende Frage zu klären: Wie heißt das „gescheiterte Drohnenprojekt“ eigentlich? „Euro Hohk“ oder „Juhro Hohk“. Also: deutsch oder englisch ausgesprochen? Das ganze in einer so genannten „Collage“ aus Politikern, Radio- und Fernsehsprechern, die mal „Euro Hohk“ und mal „Juhro Hohk“ sagen. Höhö. Spitzenkomik. So stellt man sich also Hully Gully, pardon: Halli Galli, in der Nachrichtenredaktion vor.

Dass in solchen Redaktionen überhaupt noch jemand auf den Gedanken kommt, das Ding einfach „Euro Falke“ zu nennen, davon ist wohl eher nicht auszugehen. Wäre vermutlich zu viel des Service an den nicht des Englischen mächtigen Zuhörern. Nach dem „Juhro Hohk“-Beitrag gab es in diesem Info-Radio übrigens ein Interview mit einem Künstler aus den USA. Der sagte ständig sehr sympathisch „Börlin“ statt „Bärlin“. Vermutlich haben die Redakteure danach mit Fingern auf ihn gezeigt, oder es gab gleich Kloppe. Wir können da natürlich nur anbieten: einen Abzug in der B-Note, bzw. „deductions in the b-note!“, oder wie das jetzt wieder heißt…

Zeigen Politik, Gesellschaft, Medien und PR-Salat-Verkäufer ausreichend Grazie, wenn sie ihre Tätigkeit in Wort, Schrift, Bild und Hosenanzug ausführen? So wie das für Eiskunstläufer festgestellt wird, will Marcus Müller das in seiner Kolumne B-NOTE über unser Öffentlichkeitspersonal für den debattiersalon herausfinden.

Dieser Beitrag wurde unter Alle Artikel, B-NOTE abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten auf B-NOTE 09 | Juhro

  1. Pingback: Ein Falke namens Juhro Hohk — Carta

  2. Christof sagt:

    Was hat das denn nun mit PR zu tun? Ich finde ja, die richtige Frage müsste lauten: Wieso soll dafür ein Minister gehen? Nach Aussage der US-Firmen ist bisher ein prototy geliefert worden, der nicht vollständig mit allen technischen features ausgerüstet war, ein Ausweichsystem sowie technische Dokumentationen sind natürlich im Gesamtpaket enthalten.

    Insgesamt ist die Drohnengeschichte irgendwie medial komplett verkorkst worden. Die richtigste Farge stellte Küppersbusch: Wozu braucht die BRD eine Drohne, mit der man anonym töten kann? Wie auch immer das Ding ausgesprochen wird.

    • Marcus sagt:

      @Christof: Mit PR hat das nix zu tun, muss es ja auch nicht… Man könnte natürlich noch über die eher schwache Eigen-PR des Herrn de Maiziere nachdenken. Aber wie schwach seine Selbst-Verteidigung im Juni wird, werden wir ja noch sehen. (Wobei mir das eher danach riecht, jetzt viel zu seiner Verteidigung zu suchen. Und sowieso ist im Zweifel ja immer die Regierung von vor zwei bis drei Legislaturperioden schuld. Dass sie fürs Suchen aber so lange und eine Arbeitsgruppe brauchen, bei einem derart großen und wichtigen Projekt – das verwundert einen aber schon, oder? Hat das nicht jemand, der dafür verantwortlich ist, alles schön im Aktenschrank stehen?)
      Wenn man von politischer Verantwortung ausgeht, dann stellt sich die Frage nach einem Rücktritt durchaus – wann denn sonst, wenn nicht in einem Fall, in dem Hunderte Millionen Euro Steuergelder verschleudert worden sind? Außer man kommt irgendwie zu dem Ergebnis, dass da nichts verschleudert wurde…
      Und, ja, Küppersbusch, stellt die absolut richtige Frage. Soweit ich das sehe, ist er ohnehin der einzige in der deutschen Medienlandschaft, der beim Thema Militär mal ein bisschen tiefer bohrt (z.B. mit seinem regelmäßigen Hinweis darauf, dass die Bundeswehr mal ausschließlich zur Landesverteidigung gedacht gewesen ist). Aber das hat die Kollegen beim Inforadio vor einer Woche offenbar ja nicht sooo brennend interessiert.