Macht uns nicht den Seehofer!

Von Marion Kraske

23. April 2012

Er lässt sich nicht beirren. Jetzt droht er gar mit dem Ende der Koalition: CSU-Chef Horst Seehofer hat sich am Wochenende neuerlich martialisch zu Wort gemeldet: „Eine Regierung, die ihre eigenen Beschlüsse nicht umsetzt, braucht man nicht.“
Das mag stimmen, lieber Herr Seehofer, aber eine Regierung, die sich anschickt, grassierenden Schwachsinn in Gesetze zu gießen, die sich gegen Ratio und Vernunft wendet, braucht die Welt noch viel weniger oder?

Und ein Betreuungsgeld, mit dem Frauen mit Prämienzahlung wieder zurück an die heimische Feuerstelle beordert werden, das sie dafür belohnt, wenn sie wie früher, in den guten alten Zeiten, zu Hause bleiben, braucht die Republik sicherlich am allerwenigsten. Um die Diskussion zu versachlichen, wäre es angeraten, aktuelle Studien zu durchforsten. Die OECD zum Beispiel hat jüngst wieder einmal belegt: Nirgends verdienen Frauen im EU-Vergleich so wenig wie in Deutschland. Der Unterschied zu den Männern beträgt fast 22 Prozent. Toll oder? Soll das so bleiben? Liegt die Lösung etwa darin, die Frauen dann lieber gleich ganz zu Hause zu belassen? Dann kann man wenigstens nichts mehr vergleichen, dann fällt das Ungleichgewicht nicht mehr so auf. Ohnehin ist es um die Frauen-Gleichstellung traurig bestellt: Nach einem Ländervergleich des Weltwirtschaftsforums schafften wir es vor zwei Jahren gerade noch auf Platz 13 – hinter Lesotho und Südafrika. So sehen deutsche Glanzleistungen aus.

Und damit Deutschland auch schön auf diesem Abstiegskurs bleibt, halten die Seehofers dieser Republik jetzt am Betreuungsgeld fest (nicht nur er, auch unsere nassforsche Familienministerium findet die Prämie ganz entzückend). Der Bayer hat da ganz feste Prinzipien: „Das Betreuungsgeld wird und muss kommen“, beschwört er, daran dürfe nicht gerüttelt werden.

Prinzipien sind ja eine schöne Sache. Familie, Ehe, all das, was der gute Horst zumindest zeitweilig doch recht zweigleisig angegangen ist. Aber Familie ist im Jahr 2012 eben mehr als Heim und Herd. Lieber Horst, lass es dir gesagt sein, das Leben geht weiter, die Erde dreht sich, und Frauen wollen heute mehr als die heimische Nestwärme. Deutschland übrigens braucht gut ausgebildete und berufstätige Frauen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben – schon mal was vom demographischen Faktor gehört?

Warum überhaupt fühlt sich einer wie Seehofer berufen, zur Rolle der Frau etwas beisteuern können zu dürfen? Warum sollte ein eingestaubter CSU-Grande die Geschicke der Frauen – unsere Geschicke – in einer modernen Gesellschaft diktieren? Hat die Politik das nötig? Hat Deutschland das nötig? Bleibt nur zu hoffen, dass dem nicht so ist. Also, bitte: Macht uns nicht den Seehofer!

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