Die russische Punk-Band Pussy Riots steht vor Gericht, weil sie in die wichtigste orthodoxe Kathedrale des Landes gestürmt war und von der Kanzel aus Kritik an Putin geübt haben. In Russland wird so ein verzweifelter Versuch des Protests als „Organisiertes Rowdytum“ angeklagt. Im Gericht werden die jungen Frauen hinter Gitterstäben ausgestellt wie Serienmörder. Organisiertes Rowdytum ist so ein richtig schöner Diktaturenparagraph, mit dem ein restriktiver Staat jeden, der aufmuckt, für Jahre in den Knast stecken kann. Doch jetzt zeigt ausgerechnet Wladimir Putin, der ach so schändlich Beschmähte, sein großes Herz und sagt gönnerhaft: „Ich denke das Urteil sollte nicht zu hart ausfallen.“ Was ist los? Ist der starke Wladimir plötzlich weich geworden, am Ende sogar mitfühlend oder einsichtig, dass man Kritiker nicht nach allen Regeln der Tyrannenkunst fertig machen sollte? Keine Sorge, der Wladimir ist und bleibt ganz der Alte. Die vermeintliche Milde ist ein perfides Spiel. Denn diese Justiz und ihre wahnwitzigen Gesetze sind das System Putin. Sollten die Richter ein hartes Urteil fällen, kann Putin sogar stolz auf die Unabhängigkeit der Justiz verweisen. Er wollte ja schließlich ein mildes. Putin kann dabei nicht verlieren. Dass überhaupt ein Staatsoberhaupt der Justiz gönnerhaft sagt, wo es beim Urteil lang zu gehen hat, gibt es sonst wohl nur in China und artverwandten Regimen. Der Wladimir wird immer lupenreiner.
-
Neu im Salon
Salon sortiert
- Alle Artikel (465)
- AUFGESPIESST (63)
- B-NOTE (13)
- DEUTSCHLAND-Tagebuch (12)
- DEUTSCHLANDBILD (41)
- LES-BAR (4)
- MAULHELDEN (50)
- STREIT-BAR (284)
- Medien (45)
- Politik: Deutschland (182)
- Politik: Welt (85)
- Unsere Pappenheimer (33)
- VIDEO (2)
Archiv
Und sonst?
#btw13 AfD Angela Merkel B-Note Berlin Bild Bundespräsident Bundesregierung Bundestag Bundestagswahl CDU CSU Demokratie Deutschland Deutschlandbild EU Europa FDP Flüchtlinge Frauen Grüne Kanzlerin Maulheld Medien Merkel Neonazis NPD NSA NSU PEGIDA Politik Polizei Protest Putin Rechtsextremismus Russland Sachsen Seehofer SPD Spiegel USA Verfassungsschutz Wahl Wulff ZDF-
Links
- Abgeordnetenwatch
- BILDblog
- CARTA
- Carta97
- Das Altpapier
- DATUM – Seiten der Zeit
- der Freitag
- Die Zeit
- FREIzeitDENKERin
- Guiseppe & Fratelli / Honest Food
- MIGazin
- Mut gegen rechte Gewalt
- NachDenkSeiten
- Netzpolitik
- Perlentaucher
- Politico
- Publikative
- rivva
- Slate
- Sprachlog
- Sprengsatz
- Stilstand
- Texten fürs Web
- The New Contemporary Blog
- Was mit Medien
Salon-Seiten
Hier in Deutschland würde man sowas nicht als “Organisiertes Rowdytum” anklagen, sondern wohl eher als “Schweren Landfriedensbruch”. Das ist ebenfalls ein hochgradig politischer Gummiparagraph, oder kann ggf. dazu verbogen werden. Entsprechende Prozesse hat es hier schon gegeben, oder sind schon in Planung.
Der Unterschied besteht aber nicht allein in der Wortwahl, sondern auch in der (doppelten) Moral. Ich vermute mal: Hätten diese Pussy Riots zum Zweck der Verbreitung ihrer politischen Botschaft statt einer christlichen Kirche eine jüdische Synagoge vandalisiert, wären sie in Russland wohl genauso vor Gericht gestellt worden. Dagegen hier in Deutschland hätte sich alle Sympathisanten und Anhänger von Pussy Riots um 180 Grad gewendet, und in der deutschen Wahrnehmung hätten sich diese Punker von demokratischen Freiheitskämpfern zu rechtsextremen Faschisten umgewandelt.
Ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, dass hier in Deutschland Punker bejubelt werden könnten, nur weil sie muslimische Moscheen oder jüdische Synagogen kapern und vandalisieren um dort ihre wie auch immer geartete politische Botschaft abzusondern.
Putin und Russland scheinen mir da also sehr viel rechtsstaatlicher zu sein als Deutschland im umgekehrten Fall.