AUFGESPIESST: EM-Boykott? Wir werden sehen!

Als die deutsche Nationalmannschaft 1978 bei der Fußball-WM im argentinischen Cordoba ihr Waterloo erlebte und sich ausgerechnet von den Ösis die legendär gewordene Schmach zufügen ließ, regierte in Argentinien gerade eine mörderische Militärdiktatur. Später sagten inhaftierte Regime-Gegner, man habe in den Foltergefängnissen den Jubel aus den Stadien hören können. Sport und Diktatur bis hin zu politischem Mord, das geht wunderbar Hand in Hand, die Olympischen Spiele im Hitler-Deutschland waren kein einmaliger Ausrutscher. Die Funktionäre der verfilzten Fußballverbände haben sicher alles Mögliche im Kopf, wenn sie eine Europameisterschaft ausgerechnet in eine retroautoritäre, ex-orangefarbene Ukraine vergeben. Moral sicher nicht. Jetzt aber drohen Europas Politiker mit einem Boykott der Fußball-EM. Mit einem politischen Boykott, genauer gesagt.

Was genau ist das, ein politischer Boykott? Verzichtet ein Land auf die mehr oder weniger mühsam erkämpfte Teilnahme an der Europameisterschaft? Kommen Schweini und Poldi zu einem verlängerten Karibik-Urlaub? Könnte man ja denken, ist natürlich Blödsinn. Ein politischer Boykott ist, wenn der EU-Kommisar Baroso sich nicht auf der Tribüne neben den Möchtegern-Diktator Janukowitsch setzen will, weil der die Timoschenko im Gefängnis schlecht behandelt. Und es kommt für Janukowitsch noch knüppeldicker: Auch Guido Westerwelle und Angela Merkel drohen damit, sich kein einziges Fußballspiel in einem ukrainischen Stadion auf der Ehrentribüne anzugucken. Vor dieser unfassbaren Drohkulisse kann ein neostalinistisch angehauchter Apparatschik nur bibbernd zusammen brechen.

Der deutsche Amnesty-Generalsekretär Wolfgang Grenz hat leise darauf hingewiesen, dass es nicht nur die hungerstreikende Timuschenko in der Ukraine gebe, sondern auch Folter und erzwungene Geständnisse. Er fordert die europäischen Politiker auf, in die Ukraine zu fahren und lautstark gegen diese Menschenrechtsverletzungen zu protestieren. Diese Spaßbremse. Wie hat doch der Rundenraser Sebastian Vettel neulich beim Formel 1-Rennen in Bahrain gesagt, wo Demonstranten es wagten, seine überbezahlte Umweltverschmutzung mit Protesten gegen den König zu stören: Um die Menschenrechte werde so ein „Hype“ gemacht. Genau, der Heizer-Basti sagt mit seinem Pubertäts-Stimmchen, was wirklich wichtig ist im Leben. Und darum werden unsere boykottierenden Politiker das tun, was wir alle machen: Ein Bier trinken und Fußball gucken. Und wenn dann Ukraine gegen Schweden spielt wird kompromisslos boykottiert und die Glotze ausgemacht. Weil das keine Sau interessiert, genauso wenig wie die Menschenrechte in der Ukraine.

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Eine Antwort auf AUFGESPIESST: EM-Boykott? Wir werden sehen!

  1. Sven sagt:

    Endlich mal ein offenes Wort zum skandalösen Sport-Filz, das unsere gleichgeschalteten Massenmedien schon längst nicht mehr wagen. Die heizen derweil lieber den dumpfen Jubel über infantile Runderaser, dummbeutelige Kicker, überbezahlte Filzkugelschläger oder ins Kraut geschossene Ballwerfer an, der sich dann wie ein Leichentuch über all die Missstände, Menschenrechtsverletzungen, über Folter und Polit-Verbrechen legt, welche die Diktatoren, Despoten, Putschisten und Macht-Gangster dieser Welt so gerne verbergen wollen.