Auf zum fröhlichen Dänen-Bashing

Von Marion Kraske

Eigentlich ist das Plakat eher unscheinbar: Ein bisschen blau, wie Ost- und Nordsee, ein bisschen gelb, wie die Strände in Schleswig-Holstein eben so sind. Alles vertraut, möchte man meinen. Das rote Warnschild allerdings, Achtung Schleudergefahr, macht das CDU-Wahlplakat zu einer heißen Nummer: In riesigen Lettern warnen die schleswig-holsteinischen Christdemokraten da vor der „Dänen-Ampel“ – sprich: Einer Beteiligung des Südschleswigschen Wählerverbandes SSW an der neuen Koalition, die sich nach der Wahl am kommenden Sonntag im nördlichsten Bundesland formieren dürfte.

Es ist mal wieder so weit: Kaum bangt eine der großen Parteien um den Machtverlust, holt man die Keule des Ressentiments aus der Schublade. Hau drauf, lautet das Motto, es ist ja schließlich Wahlkampf. Mit Bedacht nimmt CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager die ethnische Minderheit der Dänen und ihre Partei, den SSW, ins Visier. Es zeigt, wie sehr die Parteien bereit sind, in Wahlkampfzeiten sämtlichen Anstand abzulegen. Wie sehr sie in Kauf nehmen, das öffentliche Klima mit nationalistischen Untertönen dauerhaft zu vergiften, nur um kurzfristig mit der eigenen Partei ein paar erbärmliche Stimmchen mehr zu erbeuten.

Laut Umfragen ist die SPD derzeit stärkste politische Kraft, die CDU liegt knapp dahinter. Sozialdemokraten könnten mit den Grünen und dem SSW eine Koalition eingehen – zum ersten Mal säße die Partei der dänischen Minderheit damit in der Regierung. Das will die CDU um jeden Preis verhindern: De Jagers einzige Möglichkeit, seine Partei an der Macht zu halten, ist die große Koalition.

Der SSW kommt den Konservativen daher gerade recht. Alte Vorurteile werden bedient, es geht um das altbekannte Muster des nationalistischen Giftmischens: Wir, die Guten, die echten, die wahren Bewohner – und da die Zugewanderten, in diesem Falle die Dänisch-stämmigen, die Schleuderfahrer, die sich auch nach Jahrhunderten – je nach Anlass und Bedarf – wunderbar als Fußabtreter eignen.

De Jagers Losung lautet denn auch: „Stabile Koalition statt Dänen-Ampel“. Das ist fast so wie der Türken-Döner, der einem heute – aus bekannten Gründen – gänzlich im Halse stecken bliebe. Mit seinem Vorstoß begibt sich De Jager in unschöne Gesellschaft. Denn auch im Nachbarland Österreich ist das Fremd-Bashing ein beliebtes Mittel zur Stimmenmaximierung. „Deutsch statt nix versteh´n“, heißt es da schon mal auf Wahlplakaten der rechtsradikalen FPÖ. Oder: „Pummerin (die Glocke im Stephansdom) statt Muezzin.”

Blanker Zufall, dass ausgerechnet eine christliche Partei derartige Hetzparolen (noch dazu mit dem gleichen simplifizierenden Duktus, der auch den letzten Volldeppen noch überzeugen kann) übernimmt? Oder eher kein Zufall, sondern gezielte Anlehnung an erprobte Stimmungsmache von ressentimenterprobten Rechtspopulisten? Wie auch immer: Schändlich bleibt das christliche Dänen-Bashing – so oder so.

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2 Antworten auf Auf zum fröhlichen Dänen-Bashing

  1. Rainer Möller sagt:

    Wenn eine Volksgruppe darauf besteht, als politische Interessenpartei aufzutreten – wozu sie ja niemand zwingt -, dann muss sie in Kauf nehmen, von Fall zu Fall als politischer Interessengegner behandelt zu werden. Hier gilt das Grundrecht auf Opposition. Es ist unehrenhaft, sich dann dahinter verstecken zu wollen, man sei ja “bloß eine Volksgruppe” und als solche sakrosankt.

  2. Marion sagt:

    Der SSW soll nicht als sakrosant gelten, darum geht es nicht. Man könnte sich ja inhaltich mit ihm auseinandersetzen, die CDU macht aber etwas anderes: Sie ethnisiert gezielt ihren Wahlkampf und schürt Ressentiments in der Bevölkerung. Das ist nicht nur verwerflich, sondern auch in höchstem Maße entlarvend, da ihr augenscheinlich die Sachargumente fehlen.