AUFGESPIESST: Die Sprachenkontrolettis

Von Marion Kraske

debattiersalon | Aufgespiesst | Logo: Katharina Greve © 2013Nee, toll, was da mal wieder aus dem Bayern-Ländle über den Rest der Republik schwappt. Eine wirklich zünftige Forderung, die die nimmermüden Hinterbergler da formulieren. Wer dauerhaft hier leben will von diesem Gesocks aus dem Ausland, also von denen, die es wagen, hierher zu kommen, diese Migranten oder wie man die auch immer nennen mag, soll dazu gebracht werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen. A Schmarrn? Nicht ganz, des meinen´s ernst da herunten, an ihren Stammtischen und Bierzelten. Und die Partei der Bierzelte meint das jetzt eben auch. Verdammt ernst.

Richtig gehört, der „öffentliche Raum“ soll von diesen furchtbaren, fremdländischen Sprachen gereinigt werden. Wo kommen wir denn da auch hin, wenn man an jeder Ecke EnglischSpanischTürkischArabisch oder sonst für eine akkustische Zumutung hört? Deutsch, soll es tönen, Deutsch!

Doch das ist nach den Vorstellungen der südlichen Sprachenkontrolettis noch nicht alles: Da sollen Menschen dazu motiviert werden, in ihren eigenen (!) vier Wänden so zu leben, wie diese parteipolitische Splittergruppe, die zufällig auch im Bundestag sitzt, es gerne hätte. In einer ursprünglichen Fassung hatte es noch “sollen dazu angehalten werden” geheißen. Doch wie immer die Formulierung auch sein mag, es bleibt die Frage: Wer bitt schön, soll denn da eigentlich zu diesem Schwachsinn “motivieren” oder „anhalten“, liebe CSU – und vor allem: mit welchen Mitteln?

Etwa die liebe NSA unter Einsatz all ihrer geheimdienstlichen Waffen? Sie wissen schon, diese klandestine Truppe, die der blindeste Innenminister aller Zeiten (Friedrich, natürlich CSU) mitten in der Affäre um die kackendreiste millionenfache Datenabschöpfung der Amerikaner immer noch untertänigst umjubelte? Damit die Bayernpartei auch ganz genau weiß, was wer im stillen Kämmerlein so treibt ähm spricht, könnte man ja diesen kleinen Spitzelauftrag gezielt an die umtriebigen Freunde jenseits des großen Teiches herantragen.

Die amerikanischen Spähtrupps würden dann neben anderen hundsgemeinen Delinquenten auch auf so dubiose Gestalten stoßen, denen der Sprachunterricht der Kinder an der Schule nicht ausreicht und die mit dem Nachwuchs daher daheim ab und an Englisch oder Französisch sprechen. Oder mit so zwielichtigen Familien, die ihren Kindern gleich zwei oder drei Sprachen mit auf den Weg geben wollen (pfui Deibel), weil sie etwa aus binationalen Ehen stammen (pfui pfui Deibel).

Das geht doch nun wirklich alles zu weit. Diese vielen Sprachen! Herrschaftszeiten, es wird ja immer bunter! Muss doch alles seine schöne bajuwarische Ordnung haben: Frauen an den Herd und Migranten ins Pflichtdeutsche! Die CSU, seit Jahren stolzes Bollwerk gegen Integrationsleistungen aller Art, will auf diese Weise (ausgerechnet) die Integration von Migranten nach vorne bringen. Das ist nicht nur Dialektik auf christsoziale Art sondern auch urkomisch – wenn es nicht so hochnotdämlich wär.

Indes, es bleibt ein Trost. Die lautesten Alarmglocken werden bei den Sprachkontrollierenden NSU-Spähern ohnehin nicht bei Französisch, Spanisch, Arabisch oder Farsi läuten. Vielmehr werden sie tagtäglich auftragsgetreu nach München funken: Fremdländische Sprachenflut im ganzen Freistaat, nicht zuordbare Ausdruckswahl, wohin man auch hört, Übersetzung mangels geeigneter Experten – unmöglich. Bayrisch eben.

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