Deutschland-Tagebuch – Zehn Merkwürdigkeiten zum Thema Flüchtlinge

Autoren betrachten kleine und große Ereignisse, die dieses Land prägen und nicht in der täglichen Nachrichtenflut untergehen sollten. Persönliche und politische Gedanken. Ein deutsches Tagebuch.

Von Tarek Khello. Der syrische Journalist kam 2013 als Flüchtling nach Deutschland, wo er seither lebt. In Syrien berichtete er für Online- und Printmedien über den Protest gegen das Assad-Regime und den Krieg.

Zehn persönliche Erkenntnisse zum Thema Flüchtlinge von einem, der selbst als Flüchtling kam:

debattiersalon: Deutschlandfahne, schwarz-rot-gold,Marion Kraske @ 20141. Nur diejenigen, die Geld haben, können sich die Reisekosten leisten und schaffen es überhaupt, zu fliehen. Denn der Weg kostet viel Geld und so schafft es nur die Oberschicht nach Deutschland. Aber die Geringverdiener, also die Leute, die am dringendsten Hilfe brauchen, bleiben ohne Hilfe in ihren Ländern zurück.

2. Wer will, findet immer noch überall auf dem Weg Schlepper, die einen nach Deutschland bringen. Nur die Polizei findet die Schlepper nicht.

3. Da Leute, die fliehen wollen, sich auf dem Weg nicht direkt an die Behörden wenden können und es verboten ist, sich von einem Helfer bei der Flucht helfen zu lassen, bleibt nur die Option, sich illegal von Schleppern helfen zu lassen.

4. Die Flucht ist wie ein Brettspiel. Länder bauen Hindernisse, damit nicht noch mehr Leute kommen. Wer aber die Hindernisse überwindet, hat Recht auf Asyl. Das bedeutet: Je mehr Zäune und Grenzen überwunden werden, umso näher kommt man dem Recht auf Asyl. Wer Asyl bekommt, hat das Fluchtspiel gewonnen.

5. Viele Flüchtlinge müssen sich integrieren, obwohl sie zurückkehren sollen. Sobald die Asylursachen nicht mehr bestehen, werden viele wieder gehen müssen. Wenn die Leute wissen, dass sie wieder zurückkehren müssen oder sogar wollen: Warum sollten sie sich dann um Integration bemühen?

6. In Deutschland wird sogar eine Tasse Kaffee eine Woche im Voraus geplant. Obwohl Deutschland also ein Land ist, in dem viel organisiert ist und wird, hat Deutschland über eine Millionen Flüchtlinge ohne Plan aufgenommen.

7. Die Terminologie in der Flüchtlingsgeschichte hat sich mit der Zeit verändert. Früher wurden Flüchtlinge Asylbewerber genannt.

8. Die Medien haben nur selten gezeigt, wie Flüchtlinge hier in Deutschland leben – weder ihren Alltag noch ihre Probleme. Dieses mediale Bild hat Einfluss darauf, wie die Einheimischen über Flüchtlinge denken. Manche glauben, dass Flüchtlinge besser behandelt werden als sie. Und gehen dann zu Pegida.

9. Viele Flüchtlinge wollten unbedingt nach Deutschland fliehen, obwohl sie durch viele sichere europäische Länder kamen.

10. Reiche arabische Länder sind Exportländer für Flüchtlinge. Etliche Syrer und Iraker sind nach Deutschland gekommen, obwohl sie während des Krieges in arabischen Golfstaaten waren. Sie haben den Krieg nicht erlebt.

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