BILD dir deine Scheinwelt

Von Marion Kraske

Der sonntägliche Talk bei Günther Jauch über das neueste Interview mit Whistleblower Edward Snowden zur NSA-Affäre hat einen neuerlichen Beleg dafür geliefert, warum die BILD-Zeitung nichts mehr ist als ein mit bunten Bildchen und Oberweiten gespicktes Massenverdummungsinstrument.

Da saß Julian Reichelt, seines zeichens Chefreporter, er trug eine runde Hornbrille – und wenn man ihn nicht hätte reden hören, hätte man meinen können: Da sitzt ein Intellektueller. Hinter der äußeren Maskerade freilich verbarg sich das, was BILD allgemein auszeichnet: Unreflektiertheit, Uninformiertheit, Unkenntnis. Oder einfach nur: Blödheit?

Immerhin erfuhr der interessierte Zuschauer, dass Reichelt alle Snowden-Dokumente gelesen habe. Das ist für einen BILD-Mann ja schon mal eine tolle Leistung. Doch was Reichelt dann zu verkünden hatte, ist mit jenem historischen Aberwitz zu vergleichen, mit dem einst Walter Ulbricht erklärte: Keiner habe die Absicht eine Mauer zu bauen. Derartig realitätsverzerrende Pointen hatte auch Reichelt in Petto, als er erklärte, er habe in besagten Unterlagen „keinen einzigen Fall gesehen, in dem ein Unschuldiger verfolgt wurde“.

Was??????????? Hatte der Mann gekokst? Getrunken? Oder ist es einfach nur banaler? Bastelt sich BILD ihre eigene Realität – und sei sie noch so verrückt sprich an den Realitäten vorbeischrammend? Es mag daran liegen, dass BILD-Leute möglicherweise auch nur BILD lesen dürfen. Das zumindest würde die kruden Äußerungen des künftigen BILD.de-Chefredakteurs erklären.

Die jüngste Snowden Kritik, die USA betreibe mit ihrer massenhaften Datenabschöpfung auch Wirtschaftsspionage, wurde auf der Internetseite von BILD denn auch jüngst zu einer reinen „Behauptung“ gemacht. Wenn BILD sich aber anmaßt, von Behauptungen zu sprechen, was sind dann die Reicheltschen Abdriftungen ins scheinweltliche Märchenland?

Etwa die These, dass Snowden durch seine Enthüllungen die transatlantischen Beziehungen geschadet habe? Ach ja? Nicht die Spähoffensive an sich, die noch nicht mal vor dem Kanzlerinnnen-Handy halt machte, hat nach dieser Reicheltschen Interpretation also das Verhältnis der Bündnispartner torpediert, sondern die Aufdeckung dieser Machenschaften? Es wäre demnach für das Verhältnis zu Amerika also besser gewesen, wenn die deutsche Öffentlichkeit (und im übrigen auch die Berliner Regierung) weiter dumm und ahnungslos geblieben wäre? Was für ein himmelschreiender Unsinn!

Vielleicht würde es ja zur allgemeinen Erhellung in den Chefetagen von Springer beitragen, wenn BILD-Leute auch mal Qualitätsmedien lesen würden. Dann würde wohl auch Reichelt auf das Faktum stoßen, dass die NSA nicht nur einmal sondern tausendfach gegen Gesetze und Bestimmungen verstoßen hat. Selbst ein US-Gericht hat die Verfassungsmäßigkeit der Datenabschöpfung bereits in Frage gestellt.

Von all dem scheint Reichelt noch nie etwas gehört bzw. gelesen zu haben. Andernfalls würde der BILD-Gesell nicht weiterhin, wie der ehemalige US-Botschafter Kornblum ganz im Sinne US-amerikanischer Verteidigungslinie, behaupten, dass allein Edward Snowden das Problem ist, nicht die NSA.

Also, liebe Springer-Truppe, da hilft nur eins: Kauft Süddeutsche und Co und verteilt sie flächendeckend an eure Mitarbeiter. BILDet euch nicht nur eine Meinung, bildet euch!

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