DEUTSCHLAND-Tagebuch: Ein ganz kleiner Aufbruch

Von Michael Kraske

debattiersalon: Deutschlandfahne, schwarz-rot-gold,Marion Kraske @ 2014Neulich in Döbeln. Lesung und Diskussion mit dem SPD-Politiker Henning Homann. Fast intime Wortmeldungen von den Gästen. Eine Lehrerin, die von der Angst spricht, sich angesichts des grassierenden Hasses zu Wort zu melden. Ein Sozialdemokrat sagt, es sei für ihn schon normal, auf dem Volksfest als rote Sau beschimpft zu werden. Der Mann, der widerspricht: Nein, das sei nicht normal. Das Beben, die Erschütterung sind spürbar. Trump. AfD. Drohungen im Netz. Bekenntnisse aufziehender Angst. Die jeder kennt, kaum je einer bekennt. Das Gefühl, damit nicht allein zu sein. Eine gleiche Sehnsucht nach Empathie, Solidarität und grundlegendem Respekt. Am Ende sagen Besucher, sie gingen bestärkt nach Hause. Mit dem Gefühl, in der Familie, im Job, in der Schule für Demokratie und Vielfalt eintreten zu können. Domino-Theorie. Neulich waren die Leisen und die Besonnenen da. Es tat gut, mit ihnen die Nachdenklichkeit und das Unbehagen zu teilen. In meinem Roman erzähle ich, wie Gewöhnung an Hass und Gewalt in die Katastrophe führt. Die gestern da waren, gingen mit dem Gefühl, nicht​ allein zu sein. Wir sind nicht immer stark, mutig, kämpferisch. Aber es ist an der Zeit, es zu versuchen. Ein ganz, ganz kleiner Aufbruch. Nicht mehr. Aber nicht weniger.

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