Untote im Anmarsch – die Rückkehr des Plagiators

Von Siegesmund von Ilsemann

Chuzpe ist es auf jeden Fall, vielleicht auch Schamlosigkeit, wenn der über eine hochnotpeinliche Plagiatsaffäre gestürzte Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg nach nur neunmonatigem Abtauchen in der amerikanischen Provinz mit Aplomp zurückkehrt auf die öffentliche Bühne.Guttenberg im neuen Look Von Ehre jedenfalls, die der politisch entmannte Adelsstand auch heute noch als eines seiner hevorstechendsten Merkmale reklamiert, findet sich keine Spur in dem Verhalten des so tief gefallenen Hochwohlgeborenen.
Wie Phönix aus der Asche saß Guttenberg bei einer politischen Konferenz in Kanada jetzt plötzlich wieder im Rampenlicht. Das Haar nicht mehr glatt-gegelt, die Brille weggestylt – fertig ist der „elder statesman“, als der er in der Teilnehmerliste geführt wurde. „Verdienter Staatsmann“?

Fast dreht sich einem der Magen um, lässt man all die „Verdienste“ Revue passieren, welche sich die von und zu Guttenbergs in kurzer Zeit erworben haben:
- Seine Dissertation, die so flagrant bei anderen (besseren) Autoren abgekupfert worden war, dass selbst die dem Geschlecht derer von und zu Guttenberg überaus wohlgesinnte Universität Bayreuth gar nicht umhin konnte, dem Freiherrn seinen erschlichenen akademischen Grad abzuerkennen, nachdem der Betrug öffentlich bekannt geworden war.
- Strafrechtliche Ermittlungen gegen den Möchtegern-Doktor wegen Plagiats, deren Einstellung eine der ihres geistigen Eigentums Bestohlenen als außerordentlich kränkend empfindet: Der Edelmann habe es bislang nicht einmal für nötig befunden, sich wenigstens für seinen Diebstahl zu entschuldigen. (Auch jetzt noch hält der überführte Plagiator an seiner durchsichtigen Schutzbehauptung fest, er habe lediglich schluderig gearbeitet bei seiner Promotion nicht jedoch betrogen.)
- Der TV-Pranger beim Privatfernsehen, an dem die blonde Freifrau mit fragwürdigen Mitteln aufgespürte angebliche Kinderpornografen vorführen durfte, ein skrupelloser populistischer Appell an die Instinkte des Guttenbergschen Fußvolks, der allerdings unter Fachleuten schieres Entsetzen auslöste.
- Der mediale Parforceritt, mit dem der CSU-Politiker – damals von der „Süddeutschen Zeitung“ noch „Randfigur“ genannt – den mit schweren Vorwürfen bedachten deutschen Militärführern in Afghanistan zur Hilfe eilte: „Angemessen“ nannte der Noch-nicht-Verteidigungsminister einen Bombenangriff bei Kundus, den Bundeswehrkommandeure – auftragswidrig – angefordert hatten, und der nach Nato-Zählung 142 Zivilisten das Leben kostete. Kaum hatte der Edelmann seinen zum Rücktritt gedrängten Vorgänger Jung beerbt, feuerte der frisch gebackene Minister seine beiden ranghöchsten Berater, weil Staatssekretär und Generalinspekteur ihm angeblich Informationen vorenthalten hatten (was beide umgehend energisch und unwidersprochen als „ehrenrührig“ bestritten). Guttenberg jedoch, wendig, nutzte flugs die von ihm angezettelte Personalquerele, machte auf dem Absatz kehrt und nannte das Bombardement von Kundus fortan „unangemessen“.
- Als Wehrminister endlich im Amt, schwebte Herr Von und Zu schließlich auch im Kriegsgebiet am Fuß des Hindukusch ein – in seiner Entourage sein blondes Ehe-Glück und die SAT1-Plaudertasche Johannes B. Kerner, Großmeister des inhaltsfreien PR-Gespächs, der mit den schillernden Polit-Blaublütern flugs eine frontnahe Unterhaltungssendung in Szene setzte.
- Und schließlich die angeblich so kühne und erfolgreiche Wehrreform des Kurzzeit-Verteidigungsministers, der seinem Nachfolger Thomas de Maiziere in Wahrheit einen Trümmerhaufen hinterließ, bestehend aus dem Abschaffen der Wehrpflicht, einem Traditionsbestandteil christdemokratischer Verteidigungspolitik, der Ankündigung von Sparzielen im Wehretat, die weder durchgerechnet noch erreichbar waren, sowie dem völligen Fehlen jeder organisatorischen Folgeplanung für diese einschneidenden Schritte.
Gleichwohl sah der Spiegel das uradelige Paar in einer Titel-Geschichte bereits auf dem Weg ins Kanzleramt, überschlug BILD sich mit einer Guttenberg-Story nach der anderen, wieselte die ganze Journaille unablässig um die aus dem elterlichen Schloss ins niedere Leben herab gestiegene Glamour-Familie, kürte das gemeine Volk den Freiherrn ein ums andere Mal zum beliebtesten Politiker der Republik – nach dem Motto: Schein gilt mehr als Substanz.
Den Polit-Paparazzi von Print, Funk und Fernsehen, immer begierig darauf, Personalgeschichten als angebliche „news“ zu verkaufen, kam ein derart schillerndes Paar gerade recht. Viele verkaufsträchtige Elemente fügen sich bei den Guttenbergs in fast schon idealer Weise:
Ein Politiker, mit quasi-genealogischem Herrschaftsanspruch, dessen Herkunft allein ein wenig des Glanzes auch auf Deutschland zu werfen verspricht, in dem die Hofberichterstattung der „yellow press“ so gerne die Rest-Monarchien Europas erstrahlen lässt. Ein Mann klarer Worte, der jedes Mikrofon, jede Kamera begierig bespringt, bereit, auch noch jene Dinge mit großen Worten zu traktieren, von denen er – erkennbar – keine Ahnung hat. Dazu dann noch die fotogene Gattin, stets scheinbar Volkes Stimme repräsentierend, immer in Pose und willig, sich für den Preis eines Blitzlichts jederzeit in die Brust zu werfen.
Es spricht für die Flachheit unseres „media mainstreams“, dass auch ihm ganz offensichtlich der verkaufsfördernde Schein mehr gilt als die inhaltliche Substanz. Natürlich stimmten dieselben Medien, die Guttenberg zunächst hochgejubelt hatten, ein in den hämischen Chor, der das Straucheln dieses messianischen Franken begleitete.
Ebenso selbstverständlich sind diese Medien auch jetzt wieder zur Stelle, wenn sich ihr Phönix die Asche aus dem Gefieder schüttelt:
Ein Interviewband mit ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo verleiht dem Plagiator eine Aura scheinbarer Seriosität. Ein Vorabdruck über vier riesige ZEIT-Seiten sichert Schlagzeilen (und steigende Verkaufszahlen). Auf allen Kanälen bringen die Medien – gedruckt, gesprochen und gefilmt – die Kunde von der Heimkehr des verlorenen Sohns. Nur Guttenbergs politische Weggefährten zeigen sich überrascht und überrumpelt von diesem medialen Großangriff ihres einstigen Hoffnungsträgers. Einzig sein früherer Wahlkreis Kulmbach jubelt angesichts der Perspektive, dass der geliebte Lehnsherr fürderhin wieder das Wohl seiner Untertanen befördern könnte.
Guttenbergs Parteichef, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, reagierte dagegen sichtlich sauer auf die Kritik an seiner Politik, mit welcher der adelige Polit-Rüde im Gestus des Beinhebens als erstes sein Revier markierte.
Raffiniert terminierte der mit einem Strafbefehl Davongekommene die Überweisung von 20000 Euro an die Kinderkrebshilfe so, dass die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Strafverfahrens PR-wirksam pünktlich zum Start der freiherrlichen Medien-Offensive bekannt geben konnte. Das fein ausgetüftelte Comeback scheint – der Gerechtigkeit sei Dank – dennoch zur Pleite zu geraten. Die Öffentlichkeit senkt ihre Daumen über dem eitlen Uneinsichtigen: Mehr als 70 Prozent der Meinungsäußerung über das Comeback fallen laut Spiegel-Online negativ aus.
Die Aussichten stehen nicht schlecht, dass dem publikumsgeilen Populisten-Paar eines der vielen Fettnäpfchen, in denen der Freiherr mit seiner „Hoppla, jetzt komme ich“-Rückkehr ins Rampenlicht bereits wieder zielsicher gelandet ist, endgültig zur politischen Endstation wird.

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Eine Antwort auf Untote im Anmarsch – die Rückkehr des Plagiators

  1. Gracye sagt:

    All of these atrciels have saved me a lot of headaches.