Vulgär-Publizistik: So sind sie, die Spaghettis

Von Ernesto Laraia, international tätiger Trainer und Coach für interkulturelle Handlungskompetenz

Spaghetti eben

Der Spiegel-Autor Jan Fleischhauer hat in einem Artikel jüngst die Verfehlungen des Kapitäns der Costa Concordia, Franceso Schettino, zum Anlass genommen, um über das Italienische an und für sich zu philosophieren. Das Ganze, veröffentlicht unter dem Titel „Italienische Fahrerflucht“, ist ein Dokument der Peinlichkeit. Der Autor versucht nicht einmal den Ansatz einer seriösen Analyse, stattdessen ergeht er sich in billigem Nationen-Bashing. Italien als Deppennation. Der Stammtisch lässt grüßen.
Schauen wir uns die rassistisch durchwirkten Äußerungen im Einzelnen an: „Man kennt diesen Typus aus dem Strandurlaub: Ein Mann der großen Geste und sprechenden Finger. Im Prinzip harmlos, man sollte ihn nur nicht zu nahe an schweres Gerät lassen, wie sich zeigt.“ …[ mehr ]

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Merkels Gegner: Tick, Trick und Track

Von Marion Kraske

Tick oder Track? Foto: SPD

Sie sind eine witzige Truppe, drollig anzuschauen – und über alle Maßen unterhaltsam: Tick, Trick und Track, die drei Neffen von Donald Duck, die den tolpatischgen Erpel aus Entenhausen mitunter ganz schön auf Trab halten. Ein liebenswertes Trio. Nur an der Unterscheidbarkeit, da hapert es noch: Wer war gleich noch Tick, der mit der grünen Klamotte oder der mit der roten? Oder war das Trick? Und wenn ja, wer ist dann Track?
Ganz so geht es derzeit mit dem Dreigestirn der SPD: Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier – sie sind derzeit so etwas wie die Tick, Trick und Tracks der deutschen Politik. Jeder von ihnen spielt eine kleine Rolle, jeder gilt als möglicher Anwärter für den Posten des SPD-Kanzlerkandidaten. Eineinhalb Jahre vor der Wahl ist das aber auch schon alles. …[ mehr ]

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LES-BAR: Europa erfindet die Zigeuner

Von Michael Kraske

Irgendwann im 14. und 15. Jahrhundert tauchen sie in den Städten Europas auf. Dunkelhäutige Menschen, fahrendes Volk, scheinbar ohne Herkunft und Heimat. Man nennt sie Egyptier, Zigeuner oder Gitanos. Die Europäer vermuten ihre Herkunft in Ägypten oder halten die Fremden für Spione der Türken. Die Stadtchroniken jener Zeit sind sich nur in einem einig: Die Fremden sind anders, bedrohlich, gefährlich. Zigeuner sind nicht sesshaft, glauben nicht an Gott, scheuen Arbeit und kennen keine Moral. Weil keiner was Genaues weiß, wissen alle, was man sich erzählt. Gerauntes wird für bare Münze genommen. Parallel zu den düsteren Volkslegenden fabuliert die Literatur das Naturhafte der Zigeuner herbei, den glühenden Sex der Zigeunerin, die rastlose Wanderseele des Zigeuners. Der Literaturwissenschaftler Klaus-Michael Bogdal hat die beklemmende Geschichte darüber geschrieben, wie Europa die Zigeuner erfindet. „Eine Geschichte von Faszination und Verachtung“ nennt er sein Buch im Untertitel. Es ist ein Buch über uralte und verstörend aktuelle Ängste. …[ mehr ]

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Meine Ode auf den Rücktritt

Von Marion Kraske

Werte also: Unverzichtbar sind sie, in der Familie, im Job. Werte wie Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Integrität. Was wären Freundschaften ohne diese Eckpfeiler menschlichen Miteinanders? Was sollten wir unseren Kindern anderes auf den Weg geben, um sie zu aufrechten, aufgeklärten Individuen zu erziehen? Wie könnten wir unser Gemeinwesen organisieren, ohne die ordnende Kraft von Kategorien wie falsch und richtig, gut und böse, wahr und unwahr?

Und auch in der Politik sollten sie gelten, diese Werte, wer würde da widersprechen? Zudem kommt eine weitere Disziplin hinzu, die den Macht geifernden Kosmos zu bändigen in der Lage ist: Der Rücktritt. …[ mehr ]

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AUFGESPIESST: Ran an die Zocker

Alle Welt redet von der Transaktionssteuer, wir auch. Mit dieser minimalen Besteuerung finanzieller Geschäfte sollen kurzfristige Schwankungen bei Wechselkursen, Rohstoffen und Aktienkursen weltweit eingedämmt werden, Spekulations- und Zockergeschäfte sollen sich dann nicht mehr rentieren.
Was lange als urlinke Idee galt, hat sich inzwischen in die Mitte der Gesellschaft bewegt. Christliche Organisationen, konservative Ökonomen, selbst einige Banken fordern inzwischen deren Umsetzung – ein seltener Schulterschluss mit den Globalisierungskritikern von Attac und der Entwicklungsorganisation Oxfam, die sich seit Jahren für die Besteuerung einsetzen. Auch Angela Merkel spricht sich neuerdings für eine solche Steuer aus. Nur die FDP, ohnehin am Rande der Wahrnehmungsgrenze laborierend, verweigert sich beharrlich der Vernunft und stellt sich schützend vor die eigene Klientel – sofern es die noch gibt. Den jüngsten Vorstoß wagt jetzt Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy – und macht gleich Nägel mit Köpfen. Ab August soll auf Börsengeschäfte in Frankreich eine Abgabe von 0,1 Prozent erhoben werden. Klar, es ist ein taktischer Winkelzug, der schwache Präsident spekuliert darauf, mit solch populären Maßnahmen bei den anstehenden Wahlen doch noch das Ruder herumreißen zu können. Sollte es ihm gelingen, wäre auch das eine Art Spekulationsgewinn.

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Ich, Weltretter!

Von Michael Kraske

Bald ist es ein Jahr her, dass der Welt in Fukushima der Glaube an die Beherrschbarkeit der Atomkraft um die Ohren flog. In Deutschland waren sich alle, bis zum verstocktesten Atom-Fetischisten einig, dass wir die kernspaltenden Zeitbomben abschalten müssen. Doch welchen Preis bin ich persönlich bereit, für die Energiewende zu zahlen? Bin ich bereit, mich vom Klimakiller zum Weltretter zu wandeln? Zehn Tage lang habe ich gegen den Klimatod angekämpft. Zehn Tage habe ich versucht, bewusst und nachhaltig und ökologisch verantwortlich zu leben. Habe ich das Zeug zum Klimaretter? Bin ich das kleine Sandkorn Hoffnung? Hier ist mein Geständnis. …[ mehr ]

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Kroatien: Willkommen, ihr Euroskeptiker!

Von Marion Kraske

Und, freuen Sie sich auf Europa? Wann immer man Kroaten in jüngster Zeit nach einer möglichen Zukunft ihres Landes innerhalb der EU fragte, erntete man brüske Ablehnung. Ob beim Bäcker, im Cafe oder im Gespräch mit der Nachbarin, die mit größter Akribie und einer gewagten selbstgebastelten Konstruktion in der heimischen Garage ihren glasklaren und äußerst schmackhafen Sliwowitz zusammenbraute – immer schlug einem der gleiche Tenor entgegen: EU? Nein danke! Ohne stehe Kroatien doch viel besser da. …[ mehr ]

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EU contra Ungarn: Lame duck oder Hüterin der Werte?

Von Marion Kraske für CICERO online

Es ist die Nagelprobe für die EU: Schafft es die Union, den Ungarn Viktor Orban auf seinem autoritären Kurs zu zähmen? Die Gemeinschaft scheint für derlei Fälle schlecht aufgestellt

Im EU-Parlament in Straßburg knisterte es, die Stimmung war gereizt. Viktor Orban musste sich vergangene Woche die harsche Kritik der Abgeordneten gefallen lassen. „Sie bewegen sich in die Richtung eines Chavez, eines Castro und all der totalitären Regime dieser jämmerlichen Welt, die wir bekämpfen“, wetterte Grünen-Urgestein Daniel Cohn-Bendit und nahm den ungarischen Regierungschef auch optisch scharf ins Visier. Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Guy Verhofstadt, konstatierte vernichtend, Orban sei „auf dem falschen Weg“…[mehr]

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Annemarie, das Versuchskaninchen

Von Marion Kraske

Auf der Wannseekonferenz vor 70 Jahren beschlossen die Nazis den systematischen Völkermord an den Juden. Um zu verdeutlichen, was der Holocaust für die Familien bedeutete, haben wir ein Interview mit einer “Betroffenen” geführt: Waltraud Häupl.

Häupl, Jahrgang 1935, studierte Malerei, Grafik, Geschichte und Kunstgeschichte in Wien. Mehr als 50 Jahre lang wusste sie nicht, woran ihre Schwester im Krieg gestorben war. Durch Zufall erfuhr sie Ende der neunziger Jahre die erschütternde Wahrheit: Annemarie war der gezielten Massenmordmaschinerie der Nazis zum Opfer gefallen, sie starb zusammen mit mehr als 800 Kindern in einer Wiener Tötungseinrichtung der NS-Kindereuthanasie.

Annemarie


EIN HALBES JAHRHUNDERT LANG HATTEN SIE KEINE KENNTNIS DARÜBER, WAS MIT IHRER SCHWESTER ANNEMARIE PASSIERT WAR, DIE IM KRIEG IRGENDWANN IN EIN KRANKENHAUS EINGELIEFERT WORDEN WAR. WANN KAM LICHT INS DUNKEL ?
Es war im März 1997, da gab es in den Abendnachrichten des österreichischen Fernsehens einen Bericht über den sogenannten Gedenkraum auf der Baumgartner Höhe. Dort, wo sich heute das Otto-Wagner-Spital befindet. Der Spiegelgrund war jene Anstalt, in der die Nazis in Wien Menschen im Rahmen ihrer Euthanasieprogramme getötet haben. Das wusste ich aber zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Ich sah eingeblendet diese Regale mit großen und kleinen Gläsern. Es wurde das Wort Spiegelgrund erwähnt, doch dann war die Sendung auch schon aus. Ich war ja nur zufällig zu dieser Sendung geraten, als ich gerade in den Raum kam. Mein Mann, der dabei saß und auch nur halb aufgepasst hatte, hat dann auf meine Frage gesagt: Das war ein Bericht über eine Anstalt am Spiegelgrund, in der Kinder während der NS-Zeit getötet worden sind und deren Körperteile in Gläsern bis heute aufbewahrt werden.
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Eine neue National-Hymne für die USA

Von Michael Kraske

Er hat es wieder getan. Bruce Springsteen ist ein Wiederholungstäter. Jetzt hat der Seismograph amerikanischer Befindlichkeiten mit „We take care of our own“ eine neue Hymne zur Lage der Nation geschrieben, die mit wuchtigem Schlagzeug und emphatischer Melodie so kraftvoll tönt wie einst sein „Born in the USA“. Und so wie Ronald Reagan versuchte, die bittere Abrechnung eines Vietnam-Veteranen als patriotische Kampagnen-Melodie zu vereinnahmen, diskutieren sich Amerikas Kolumnisten wieder die Köpfe heiß, wo der Chronist des amerikanischen Traums und Albtraums das Land im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf verortet. Der Kolumnist der LA Times sieht schon wieder nationalen Ruhm und den Stolz der Amerikaner beschworen, während subtilere Beobachter die Diskrepanz zwischen dem amerikanischen Ideal und der bitteren Realität heraus hören. In der Rezeption des Sängers spiegelt sich die ganze Zerrissenheit einer Nation, die sich nicht mal über eine allgemeine Krankenversicherung verständigen kann.

Springsteen hat die jüngste Geschichte Amerikas immer wieder in düsteren Geschichten erzählt. …[ mehr ]

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