Der Tod hinter´m Bretterzaun

Von Marion Kraske

Bretter über Bretter

Das Gebäude ist freundlich und hell: Eingeschossig, optisch aufgeklappt wie ein offenes Buch kommt es daher, an den Wänden der für die Gegend typische rote Klinker. Nichts Bedrohliches. Nichts Abstoßendes. Im Gegenteil. Ein schöner Ort. Auch zum Sterben.
Das finden auch das Deutsche Rote Kreuz Harburg und der Hospizverein Hamburger Süden. Gemeinsam wollen sie hier das erste Sterbehospiz südlich der Elbe eröffnen. Bislang müssen Angehörige von unheilbar Kranken lange Wege zurück legen, die nächsten Einrichtungen liegen allesamt im Norden der Stadt. Das soll sich ändern. …[ mehr ]

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“Griechenlands Probleme kennen wir aus Afrika”

Interview mit Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes (HWWI).
Von Marion Kraske für Cicero online

Griechenland und kein Ende. Ein Hilfspaket jagt das nächste. Erst 110 Milliarden, nun werden nochmals 130 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Vorausgesetzt, einige nationale Parlamente stimmen zu: Reichen die Maßnahmen aus, um das Land vor einer Pleite zu bewahren?
Es reicht kurzfristig, um einen formellen Staatsbankrott zu verhindern. Dennoch ist es unstrittig, dass alle Voraussagen, die dem Hilfspaket zugrunde liegen, mit einem Zeithorizont bis 2020 zwangsläufig unsicher bleiben müssen.

Das Ganze steht also auf wackligen Beinen?
Das Hilfspaket basiert auf dem heutigen Kenntnisstand. Es ist jedoch unseriös und unwissenschaftlich zugleich, über eine so lange Periode bis aufs Komma genau vorauszusagen, wie sich die griechischen Staatshaushalte entwickeln werden. Das könnten wir nicht einmal für ein so gut verwaltetes Land wie Deutschland, weder bei den Steuereinnahmen noch bei der Entwicklung der Staatsausgaben. Wie soll das also bei einem Land wie Griechenland funktionieren?

Augenwischerei also?
Ja! Tatsächlich operiert man mit Luftbuchungen: Erwartete Zuflüsse von Privatisierungen und Steuereinnahmen, erwartete Senkungen der Staatsausgaben. Nicht mal die Einzelposten sind mit einer einigermaßen akzeptablen Präzision prognostizierbar. Derartige Zahlen als in Stein gemeißelt zu präsentieren, ist ökonomisch nicht machbar und politisch unredlich. Für die politische Vertrauensbildung ist das nicht eben förderlich…[mehr]

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AUFGESPIEßT: Ein Herz für kreative Nazis

Kreatives Malen?

Kreatives Malen?

Toll, dass es Kristina Schröder gibt. Während die Merkel nur über Nazis und Terror redet, handelt die dynamische Familienministerin. Und wie. Im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ gibt sie 300.000 Euro dafür, dass Neonazis in einem Workshop demokratisch gesinnten Jugendlichen endlich mal die Meinung geigen können. Das Ganze heißt dann auch noch „Dortmund den Dortmundern“, damit die Autonomen Nationalisten bei der gesponserten PR in eigener Sache ganz bei sich bleiben können – auch sprachlich. Der Träger, die Multilateral Academy GmbH, verspricht, die allgemein bekannten Talente der Neonazis in einer „Zukunftswerkstatt“ und in „Kreativworkshops“ heraus zu kitzeln: „Jugendliche beider Gruppen haben eine Affinität zu künstlerisch-kreativer Arbeit“, heißt es. Ja ja, diese kreativen Neonazis, mit ihrer Leidenschaft für Räuber-und Gendarm-Spiele (Anti-Antifa) inklusive Knüppel aus dem Sack (Körperverletzungen), und ihren kunstvoll verzierten Hakenkreuzen: Das gibt sicher ganz tolle Klapptafel-Bilder in altdeutscher Schrift (von Flipchart sollten wir aus Rücksicht auf die Kameraden nicht sprechen). Reich verzierte Parolen wie: Dorstfeld bleibt deutsch. Herrrrrrlich. Glatzenpflege auf Staatskosten nannte man vor Jahren solch verständnisvolle Sozialarbeit, sie wurde unter Helmut Kohl gänzlich erfolglos gefördert. Kristina Schröder tritt mit ihren kleinen politischen Patschefüßen gern in diese bräsigen Fußstapfen. Das Land kann aufatmen: Der Kampf gegen Neonazis ist in sehr kreativen Händen.

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Gauck und gut

Von Marcus Müller

Hurra, endlich ein Konsens-Kandidat, den das Volk will! Ich finde es ja noch immer angebracht, sehr vorsichtig zu sein, wenn das deutsche Volk jemanden so innig liebt wie nun gerade offenbar den Herrn Gauck. Denn es gilt tatsächlich das kaum schöner zu formulierende Bonmot des Drehbuchautors Sascha Arango aus der Süddeutschen Zeitung über den Wert doller Zustimmung: „Die beste Quote in Deutschland hatte immer noch die NSDAP. Und: Was bitte sagt diese gute Quote aus über die NSDAP?“ Also: Die quasi-religiöse Verehrung von Herrn Gauck reicht dann auch. Es beängstigt ja schon, wenn Franziska Augstein sich in der Süddeutschen Zeitung fast zu entschuldigen genötigt sieht, nur weil sie ein paar Äußerungen von Gauck in seinem neuen Buch (zu Recht) für nicht so dolle und vage hält. …[ mehr ]

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AUFGESPIESST: The wild thing

Irgendwie war die CSU schon immer gegen diese wilden Sachen: Gegen Drogen (ganz wild und gaaanz gefährlich), gegen diese Zottelhaarigen, die mal gegen Atomkraft, mal gegen Banken und mal für den Frieden auf die Straße gehen (greislich!), gegen diese Wilden aus dem Ausland (eh kriminell) und schließlich gegen jegliche Form neumodischen Zusammenlebens, sei es zwischen zwei Männern (sakra!) oder wechselnden Protagonisten (Sodom und Ghomorra!).
Jetzt hat der Christlich-Soziale Norbert Geis eine weitere Wildheit angeprangert: Die trauscheinlose Beziehung von Bald-Präsident Joachim Gauck mit seiner Daniela. Zwölf Jahre geht das schon, nun aber müsse Schluss sein, der verwerfliche Sittenverfall dürfe keinesfalls aus dem realen Leben ins Schloss Bellevue transferiert werden. Statt grassierender Ehelosigkeit, fordert der Mann der Moral, müsse der künftige Schlossbesitzer seine persönlichen Verhältnisse alsbald ordnen. Recht hat er: Sittenlosigkeit hat es zuletzt im Bellevue zur Genüge gegeben. Nur – wie passt da Parteifreund Seehofer ins Bild? Der führt zwar keine wilde Ehe, trieb es aber nachweislich ganz schön bunt (im Geisschen Sinne wild) – sprich außerehelich. Und Seehofer ist ja, zumindest dieser Tage, nicht irgendwer, sondern dank des Wulffschen Hangs zum All-over-Sponsoring Übergangspräsident – bis zur Wahl des Nachfolgers. Welchen kategorischen Imperativ der rührige „Ordnungspolitiker“ Geis freilich für seinen Chef parat hält – und ob überhaupt – ist leider nicht bekannt.

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Armes Deutschland

Von Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands und Autor des Armutsberichts 2011

Knapp 12 Millionen Menschen, 14,5 Prozent der in Deutschland lebenden Bevölkerung, galten 2010 als armutsgefährdet. Nach der in der EU gebräuchlichen Definition sind es Personen, die über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügen. Auffällig dabei ist: Bundesweit hat sich die Armut verhärtet. Seit sechs Jahren gibt es so gut wie keine Bewegung. Die Armutsquote hat sich vielmehr auf außerordentlich hohem Niveau verfestigt und ist von der wirtschaftlichen Entwicklung seit Jahren vollkommen abgekoppelt. Ob Boom oder Krise – selbst starke wirtschaftskonjunkturelle Ausschläge scheinen so gut wie keinerlei Einfluss mehr auf die Armutsentwicklung in Deutschland zu haben. Wenn wir uns die wirtschaftlich starken Jahre 2006, 2007 und 2010 anschauen, müssen wir feststellen, dass die Armut entweder kaum sank oder sogar leicht anstieg. Selbst Arbeit schützt nicht mehr vor Armut. …[ mehr ]

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Die Aufrichtigkeit des Herrn Wulff

Von Marcus Müller

Was für eine erneute Frechheit: Christian Wulff hat bei seiner vierminütigen Rede zu seinem Rücktritt heute davon gesprochen, dass er sich in seinen Ämtern „stets rechtlich korrekt verhalten“ habe. „Ich habe Fehler gemacht, aber ich war immer aufrichtig“, sagte er. Das kann schon ein aufmerksamer Magazin-Leser als falsch zurückweisen. Wie war das noch am Anfang mit dem Auslöser der Wulff-Affären? Erst war es Frau Geerkens, die ihm und seiner Frau einen Kredit gewährt hat, dann räumte Herr Geerkens selbst im Spiegel ein, ebenfalls an den Verhandlungen beteiligt gewesen zu sein. Die Aufrichtigkeit des Herrn Wulff ist also, nicht die ganze Wahrheit zu sagen! So eine Erklärung muss man sich erst mal trauen. Wahrscheinlich spricht sie für einen vollständigen Realitätsverlust. …[ mehr ]

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Am Ende des breiten Rubikons

Von Marcus Müller

Nicht mehr lange? Copyright: Presse und Informationsamt der Bundesregierung

Nicht mehr lange? Copyright: Presse und Informationsamt der Bundesregierung

Man dachte schon, Christian Wulff kommt nie mehr an, am anderen Ufer seines persönlichen, sehr breiten und äußerst trüben Rubikons. Gemessen am Tempo des heutigen Politbetriebes schipperte er schon eine halbe Ewigkeit dahin. Seit zwei Monaten schon erstaunen immer neue Enthüllungen das Publikum. Sie setzten das traurige Unsitten-Bild eines Schnäppchen-Politikers zusammen: Der nicht immer die ganze Wahrheit sagte, der offenbar Amt und persönlichen Vorteil nicht klar trennte, zudem gerne ein bisschen falschen Glanz um die Nase hatte und der schließlich den Sturm um ihn herum weder begreifen noch in klaren Worten aufklären konnte. Mit stoischer Knödeligkeit wies Wulff stattdessen darauf hin, oder ließ darauf hinweisen, dass die jeweils aktuelle Klein-Affäre doch schon längst flussabwärts getrieben sei. Kaum war sein zum Pressesprecher mutierter Anwalt mit dieser Erklärung fertig, da kam auch schon die nächste schmierige Szene daher und die vorherige drehte doch noch einmal einen ordentlichen Wirbel. …[ mehr ]

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Weißrussland: Die letzte Bastion

Sie sind die letzte Bastion des unabhängigen Journalismus in Weißrussland: Die Mitglieder des Journalistenverbands BAJ. Seit Jahren stehen sie unter Beschuss des Lukaschenko-Regimes, 2004 erhielten sie als Anerkennung ihrer immer schwieriger werdenden Arbeit den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments.

Jetzt fährt das weißrussische Staatsfernsehen harsche Angriffe gegen den Verband und seine Gründerin Zhanna Litvina. In einem Fernsehbeitrag, der vor wenigen Tagen gesendet wurde, wird den Journalisten Betrug vorgeworfen sowie die illegale Annahme von Geldern aus dem Ausland. …[ mehr ]

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Kampfzone Dresden

Von Michael Kraske

Dresden wehrt sich. Foto: Bürger Courage

Dresden wehrt sich. Foto: Bürger Courage

Lange vor diesem 13. Februar ist das Dresdner Gedenken an die Angriffe britischer Bomber zu einer deutschen Debatte geworden. Längst geht es dabei nicht mehr allein um das angemessene Gedenken an einen ebenso furchtbaren wie grauenvoll ambivalenten Tag, sondern auch darum, wie wir uns Neonazis in den Weg stellen können, sollen und dürfen. Welche Rechte in diesem Land Neonazis und welche Demokraten haben. Wer der Feind unserer Demokratie ist: die Rechten? Die Linken? Sitzblockadenteilnehmer? Es geht auch um die Frage, wie der Staat gegen Bürger vorgehen darf, die von einem Grundrecht Gebrauch machen. Darf die Polizei sie kollektiv durch eine Funkzellenabfrage ausspähen und abspeichern wie geschehen? Ohne konkreten Verdacht? Journalisten? Besucher? Pfarrer? Anwohner? Seit einem Jahr ist klar, dass dieser neuerliche 13. Februar in Dresden ein Gradmesser für den Zustand unserer Demokratie sein wird. Das alles hat mehr mit dem historischen Anlass und unserer heutigen Haltung zu tun als es auf den ersten Blick scheint. …[ mehr ]

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