Ausgewulfft und losgegauckt

Über Joachim Gauck ist in den vergangenen Wochen viel geschrieben worden. Wofür steht er? Wofür nicht?
War er Bürgerrechtler oder hat er, anders als andere, keinen Anspruch auf dieses Etikett?
Fest steht: Der Neue im Schloss Bellevue hat in so manchen Reden bewiesen, dass er, anders als sein Vorgänger, das Amt des Bundespräsidenten ausfüllen wird, mit kritischem Geist, mit intellektuellem Anspruch und mit Haltung.
Hier Gaucks Berliner Rede am Brandenburger Tor vom 21.4.2009. Über die Freiheit, die er meint.

Und hier das Interview, das Gauck am Sonntag nach seiner Wahl dem ZDF gab.

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AUFGESPIESST: Das Ursula-Prinzip

Ab in den Aufsichtsrat!

So haben wir uns das vorgestellt mit der Gleichstellung: Man nehme eine liebevolle Ehefrau, Fachbereich Pädagogik, und hieve sie in das Kontrollgremium eines der wichtigsten deutschen Unternehmen. Ferdinand Piech beweist dieser Tage, dass er ein echter Frauenversteher ist: Während andere in Politik und Gesellschaft hilflos nach der Quote schreien und EU-Kommissarin Reding immer noch von einer europäischen Lösung fabuliert, schafft einer der mächtigsten Wirtschaftsbosse der Welt Fakten, ganz nebenbei. Und setzt das Prinzip “Frauchen an die Macht” in die Tat um – sprich Ursula in den VW-Aufsichtsrat. Nein nein, nicht, wie wir jetzt alle denken, es geht hier nicht um Vetternwirtschaft, es geht natürlich ausschließlich um die Kompetenz der Dame. Schließlich steht Ursula schon in Piechs beiden Stiftungen treusorgend an seiner Seite. Er wolle mit dem Schritt Kontinuität sicherstellen, heißt es. Gut so, bleibt also alles in der Familie. Nur keine Experimente! Aufsichtsratssitzungen sind schließlich auch nichts anderes als größere Krabbelgruppen. Genau so quirlig, genau so unberechenbar. Bei den kleinen und großen Rackern muss man hart durchgreifen und Haltung bewahren. Und Kindergärtnerinnen sind für ihre Multitaskingfähigkeit bekannt, für ihr kompromissloses Durchsetzungsvermögen. Das Modell sollte Schule machen. Wenn jeder Manager seine Ehefrau mit lukrativen Posten versorgt, brauchen wir auch keine Quoten mehr. Vergiss die Reding! Alle Macht den Ursulas!

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Acta und die Folgen: Wenn das Teilen kriminalisiert wird

Von Stefan Heijnk, Professor für Journalismus an der FH Hannover

Ein Crosspost von www.texten-fuers-web.de

ACTA, PIPA, SOPA, Leistungsschutzrechte für Verleger – die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das freie Sich-und-Andere-Informieren im Web sollen auch in der Europäischen Union künftig drastisch enger gefasst werden. Etliche der neuen Bestimmungen – sollten sie tatsächlich Gesetz werden – würden das, was heute im Web alltäglich ist, massiv beeinflussen und in Teilen kriminalisieren.

Auch wenn sicher unstrittig ist, dass Urheber- und Nutzungsrechte selbstverständlich auch im Web geschützt werden müssen: Es kann nicht sein, dass der freie Fluss der Information künftig rechtlich eingeschränkt wird, nur weil es Unverbesserliche gibt, die beispielsweise als Download-Piraten illegal kostenpflichtige Filme oder Musikstücke ins Web herauf- oder sich von dort herunterladen. …[ mehr ]

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LES-BAR: Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus

Von Michael Kraske

debattiersalon | Les-Bar | Logo: Katharina Greve © 2013Sozialdemokraten, Linke, Globalisierungsgegner und Kneipen-Intellektuelle haben einen Lieblingsfeind: den Neoliberalismus. Der soll an allem Schuld sein: an den Finanz- und Wirtschaftskrisen und sämtlichen Ungerechtigkeiten und überhaupt. Neoliberalismus ist ein diffuser Kampfbegriff, der außer Kontrolle geratene Märkte ebenso meint wie alles, was die FDP fordert und zu Tage fördert. Bestseller–Autor Colin Crouch („Postdemokratie“) fragt in seinem Buch, was den Neoliberalismus überleben lässt. Und erklärt nebenbei, was das eigentlich ist: Neoliberalismus.

„Das oberste Credo des Neoliberalismus lautet, dass optimale Ergebnisse immer dann erzielt werden, wenn sich Angebot und Nachfrage auf dem Markt für Waren und Dienstleistungen durch den Mechanismus der Preisbildung selbst regulieren, ohne staatliche und sonstige Eingriffe“, schreibt Crouch. Als Vertreter benennt er die Wirtschaftswissenschaftler „Chicagoer Schule“, die auch dann noch den Markt als Allheilmittel preisen, wenn marktbeherrschende Konzerne entstehen. Big ist demnach nicht nur beautiful, sondern auch notwendig. …[ mehr ]

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Feinde des Netzes

Chinas Suchportal Panguso: Inhalte, die erlaubt sind

Anlässlich des Welttages gegen Internetzensur veröffentlicht Reporter ohne Grenzen (ROG) den aktuellen Bericht über die “Feinde des Internets”. Er beschreibt Staaten mit massiver Online-Überwachung und dokumentiert deren Kontroll- und Zensurmaßnahmen. ROG zählt zwölf Länder zu den Feinden des Internets, 14 weitere stehen “unter Beobachtung”.

Vor allem die Umbrüche in den arabischen Ländern haben gezeigt, wie wichtig das Internet im Kampf gegen autoritäre Regime ist. Kritische Blogger mobilisierten über soziale Netzwerke zum Widerstand, Bürgerjournalisten füllten Lücken der Berichterstattung, wo konventionelle Medien zensiert und ausländische Reporter nicht zugelassen wurden. Viele Regierungen reagierten darauf mit verschärfter Online-Überwachung und versuchten, kritische Journalisten und Internetnutzer zum Schweigen zu bringen. Rund 120 Blogger und Online-Aktivisten sind derzeit weltweit in Haft, vor allem in China, Iran und Vietnam. …[ mehr ]

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AUFGESPIESST: Ein ekelhaft lieber Onkel

Eltern, aufgepasst! Demnächst wird er auch noch unsere Kinder vollschleimen: Markus Lanz. Weil Kerkeling keine Lust hatte und nicht mal Pilawa wollte, darf jetzt die Inkarnation der gelackten Spießigkeit, der ranschleimenden Freundlichkeit und des geheuchelten Interesses das letzte intakte Familienerbstück von uns Mittelalten nach Herzenslust kaputt sympatheln: nämlich Wetten dass…? …[ mehr ]

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Die Ehre, die sie meinen

Von Marcus Müller

Zapfenstreich der Bundeswehr/S.Wilke

So läuft das also in diesem Land: Man stellt – persönlich oder politisch, manchmal sogar Staatsanwälte weckend – einen Riesenmurks an und bekommt dafür den Großen Zapfenstreich. Daran rumrütteln darf man auf gar, gar, gar keinen Fall, weil es ja um das Amt und nicht die Person geht.
Und da ist es dann auch egal, ob der vormalige Amtsausfüller wegen
- Belügens der Öffentlichkeit (Verteidigungsminister Jung),
- des Diebstahls fremden geistigen Eigentums (Verteidigungsminister zu Guttenberg),
- Schummelei (zu Guttenberg)
- Verwirrtheit (zu Guttenberg),
- Familie (zu Guttenberg),
- zu vieler Disketten (zu … , na ja, Sie wissen schon), …[ mehr ]

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BILD und die bösen Muslime

Von Marion Kraske

Die BILD-Zeitung, mal ganz nett formuliert, steht nicht eben für seriösesten Journalismus. Auch wenn der smarte Berlin-Chef des bunten Blättchens bei seinen Auftritten in den unzähligen Talk-Shows in den vergangenen Wochen eben dies immer wieder unter Beweis stellen wollte: Es habe keine Kampagne gegen den damaligen Bundespräsidenten Wulff gegeben. Und selbstverständlich habe man nur ganz honorige Ziele verfolgt. Und nein, man habe natürlich zu keiner Zeit aus taktischen Gründen nur häppchenweise Informationen lanciert, um einerseits die Auflage über Wochen mit fetten Schlagzeilen hochzutreiben und das Katz-und-Maus-Spiel mit den Unzulänglichkeiten des Präsidenten schööööön in die Länge zu ziehen und daraus Profit zu schlagen. …[ mehr ]

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Neues vom Staatstheater

Von Marcus Müller

Theater, Theater...

Ein beliebter Vorwurf an die Politik ist, dass ihr Gebaren zur Politikverdrossenheit führt. Dieser Vorwurf ist Unsinn. Es ist viel schlimmer. Verdrossenheit, also schlicht ein wenig Ärger, ist ein viel zu schwacher Begriff für das, was das derzeit in der Politik aufgeführte Theater auslöst. Unverständnis bis Entsetzen trifft es viel eher. Die vergangene Woche bot dafür gleich eine ganze Reihe eindrucksvoller Beispiele:
Es ging damit los, dass die Kanzlerin die berühmt berüchtigte Kanzlermehrheit nicht bekam. Was passiert, wenn die Politiker der schwarz-gelben Koalition darüber reden? Ach, in diesem Fall sei das Ganze natürlich unnötig wie nur was, sagen sie. Natürlich ist es auf gar keinen Fall ein Symbol für mangelnden Rückhalt von Angela Merkel bei ihren Getreuen, sondern ein Zeichen, Achtung jetzt wird es lustig, „großer Geschlossenheit“. Blickt man allerdings nur ein halbes Jahr zurück, da war die errungene Kanzlermehrheit beim Euro-Rettungsschirm noch genau das Gegenteil: Ein Zeichen dafür, wie stark diese Kanzlerin doch ist. …[ mehr ]

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Syria: Homs, city of humor – will it ever be joyful again?

29 February 2012
By Rula Asad, Syrian activist and journalist

"Violence" by Mohan Dehne


Homs is the trauma of Syria. In other words addressed to the international community: What is happening right now is Ruanda in Homs. We repeat and repeat again that the people there urgently need help, humanitarian intervention, but there is no echo and no reaction. So every free Syrian believes that there is no more conscience any more, anywhere in the world.
To people who argue: We do not know what happens there! I will advise them to put Homs in any internet browser they want and then chose a video and listen to what people say during any short film or just follow the pictures ….
The Syria of today is more open than ever. People are filming the daily life under shelling and are uploading everything in internet.

Unfortunately, Homs which once was the most humorous city in Syria now turned to be the saddest one. Today there is sectarian clash between Sunni Muslims against Alawit Muslims and Christians.
And at the same time the regime violently attacks Sunni Muslim areas.

Back to very beginning of the Syrian revolution: In his speech in March 2011, Bashar AlAssad told a story about two groups from different religious sects, living in close neighborhood. He argued that people from the one group will attack the other and vice versa. It was not real story at that time. It is one of the myths the regime uses to create sectarian tension and to convince people that only the regime can guarantee safety especially for religious minorities. It is a delusion.

Tote in Homs

In my opinion the regime uses this story to divide people deeply as they always did during forty years of rules of repression handed down from father to son. It is the reality but it is not totally true. There is a lot of activists from different minorities involved in freedom movement, for example: Samar Yazbek (writer, Alawit), Fadua Suliman (actor, Alawit), Basel Shehada (director, Christian) and hundreds of young people. Alawites as well as Christians are demonstrating, are being arrested and sometimes get killed. But the most of the people belonging to minorities believe that the regime lies. So they are either silent or support the regime in repressing opposition. Those ate the people who distort the image of minorities. The AlAssad regime exploits the sectarian clash to justify armed violence against rebellions areas in Homs.

A friend from Homs living in Damascus told me when I asked: How do you keep in touch with your relatives? She said: In general there is no communication. Moreover, we know if we get a connection, we will receive the news of someones death. So we do not call them even we can sometimes. (She is from a minority sect).

Another friend together with some activists founded an urgent intervention project to shelter families who fled from Homs, leaving behind them as they said: bombed and destroyed houses, dead bodies not buried, thousand of injured people and an unpredictable future.
This friend added: one of the families that fled from their home have three children who all suffer from cerebral palsy and they do not have anything just hope. Many other people suffer from chronic diseases. Pregnant women remain without any medical care. …[ mehr ]

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