Millionär Krämer: “Ran an die Vermögen”

Das Interview führte Marion Kraske für Cicero Online

Der Hamburger Reeder und Millionär Peter Krämer fordert höhere Steuern für Reiche. Im Interview mit CICERO ONLINE spricht er über die Notwendigkeit einer Erbschaftssteuer nach britischem Vorbild, den bankrotten Euro und die Visionslosigkeit in der Politik.

Cicero: Herr Krämer, Sie sind einer der reichsten Deutschen. Wie lebt es sich damit in Zeiten der Krise?

Krämer: Da muss ich erst mal etwas richtigstellen: Ich gehörte nie zu den reichsten oder gar superreichen Deutschen. Bis vor drei Jahren vielleicht zu den zehntausend Reichsten in Deutschland. Infolge der Lehman-Brother-Pleite habe ich wie viele andere Reeder weltweit drei Viertel meines Firmenvermögens verloren. In der Schifffahrtszeitung „Lloyds List“, einer der ältesten Zeitungen der Welt, liest man täglich von Konkursen, von Arrestierungen von Schiffen. Die Finanz- und Währungskrise hat uns hart getroffen. Selbst die zweitgrößte Reederei der Welt, Cosco, die dem chinesischen Staat gehört, hat mit dem Marktabschwung zu kämpfen. Das zeigt, in welch schwieriger Lage wir uns befinden.

Cicero: Augenscheinlich ist aber genügend Geld übrig geblieben. Schließlich fordern Sie, dass man den Reichen, also auch Ihnen, mehr Steuern aufbürdet. Finden Sie, dass der Staat Sie und andere Wohlhabende bislang zu sehr verschont hat?

Krämer: Ja, selbstverständlich. Es gibt seit langem eine soziale Schieflage bei der steuerlichen Belastung hierzulande. Und die gehört endlich korrigiert.

Cicero: Einige Ihrer Millionärs- und Milliardärskollegen wie Michael Otto oder Marius Müller-Westernhagen fordern eine Erhöhung der Einkommenssteuersätze. Die SPD hat soeben ein neues Steuerkonzept vorgelegt, wo genau das beschlossen wurde: Danach soll der Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent angehoben werden. Sind Sie zufrieden?

Krämer: Nein, das sind doch Beträge, die lächerlich sind! Der Steuer-Effekt, den die SPD errechnet hat, ist viel zu klein. Ein symbolischer Akt ist das, mehr nicht. Das Ganze geht zudem in die falsche Richtung, weil es vor allem den Mittelstand trifft, beispielsweise Handwerksmeister, die genau rechnen müssen, um über die Runden zu kommen. Sie zu schröpfen ist kontraproduktiv. Zudem gibt es Steuerquellen, die für die Allgemeinheit sehr viel mehr Geld einbringen.

Cicero: Etwa die Vermögenssteuer, die 1996 das letzte Mal erhoben wurde?

Krämer: Die Vermögenssteuer auszusetzen war eine Riesendummheit. Allein Hamburg sind seitdem circa drei Milliarden Euro entgangen.

Cicero: Bundesweit brachte die Vermögenssteuer jährlich neun Milliarden DM – Geld, das vor allem den Ländern zugutekam.

Krämer: Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf. International betrachtet hinken wir bei der Besteuerung von Vermögen hinterher. Da müssen wir ran! Und zwar nicht in erster Linie über die Vermögenssteuer, sondern über die Erbschaftssteuer. Die Briten bezahlen 40 Prozent Erbschaftssteuer und haben einen notwendigen Freibetrag von umgerechnet 300.000 Euro. Daran sollte man sich hierzulande orientieren.

Cicero: Also her mit den Erbschaftsmillionen?

Krämer: Die Erben leisten doch bislang so gut wie keinen Beitrag. Jährlich werden in Deutschland zwischen 150 und 200 Milliarden Euro vererbt. Davon sind 70 – 80 Prozent Privatvermögen. Wenn sie davon einen Teil abgeben müssten, tut das nicht weh. Dagegen bin ich strikt gegen die Erhöhung der Besteuerung von Firmenvermögen. Das träfe den kapitalschwachen Mittelstand, auf den wir hier in Deutschland dringend angewiesen sind: 70 Prozent der Beschäftigten sind dort tätig.

Cicero: Soziologen sagen, dass die Wohlhabenden die großen Gewinner der zurückliegenden Steuerreformen waren. Haben die Regierungen aller Couleur bislang in der Frage der Verteilungsgerechtigkeit versagt?

Krämer: Ich frage mich tatsächlich, was für eine effektive Lobby die nicht-organisierten Reichen und Superreichen haben. Ich habe viele Freunde im Ausland, die sich über den deutschen Schonkurs gegenüber Wohlhabenden wundern. Nehmen wir die Familie Quandt, denen 40 Prozent von BMW gehört. Das ist deren Privatvermögen. Für den Fall, dass wir die britischen Gesetze hätten, würde nur in diesem Fall über die Erbschaftssteuer ein Milliardenbetrag zusammen kommen – von einer einzigen Familie. Insgesamt würden rund 20 Milliarden Euro mehr in die Staatskasse gespült, Jahr für Jahr. Dagegen sind das, was die SPD jetzt plant, Peanuts.

Cicero: Wie sehen denn andere Superreiche Ihren Vorstoß? Haben Sie schon böse Anrufe erhalten?

Krämer: Es gibt eine höchst menschliche Eigenschaft. Man redet mehr über Menschen als mit ihnen. Ich weiß, dass über mich gesprochen wird. Aber das ist mir nicht so wichtig. Mir geht es darum, meine Ideen einzubringen und Dinge zu verändern.

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