Merkels Gegner: Tick, Trick und Track

Von Marion Kraske

Tick oder Track? Foto: SPD

Sie sind eine witzige Truppe, drollig anzuschauen – und über alle Maßen unterhaltsam: Tick, Trick und Track, die drei Neffen von Donald Duck, die den tolpatischgen Erpel aus Entenhausen mitunter ganz schön auf Trab halten. Ein liebenswertes Trio. Nur an der Unterscheidbarkeit, da hapert es noch: Wer war gleich noch Tick, der mit der grünen Klamotte oder der mit der roten? Oder war das Trick? Und wenn ja, wer ist dann Track?
Ganz so geht es derzeit mit dem Dreigestirn der SPD: Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier – sie sind derzeit so etwas wie die Tick, Trick und Tracks der deutschen Politik. Jeder von ihnen spielt eine kleine Rolle, jeder gilt als möglicher Anwärter für den Posten des SPD-Kanzlerkandidaten. Eineinhalb Jahre vor der Wahl ist das aber auch schon alles.
Wofür stehen sie? Was will ihre Partei, die immerhin für sich in Anspruch nimmt, die amtierende Regierung beerben zu wollen? Ratlosigkeit macht sich breit. Zu konturenlos die bisherige Performance, zu nichtssagend die Botschaften. Selbst neben der windigen Angela Merkel, die mal für dieses und schnell auch für jenes eintritt, die heute dies ablehnt und morgen selbiges beschließt, schaffte das rote Vorzeigetrio es bislang nicht, mit klarem Profil zu punkten.
Bestes Beispiel ist Ex-Finanzminister Peer Steinbrück: Begleitet von lautstarkem medialen Getöse wurde er bereits von Altkanzler Helmut Schmidt feierlich zum Kanzlerkandidaten ausgerufen. Er kann es, so lautete das Credo des altersschwachen SPD-Granden. Warum gerade Steinbrück in Zeiten der grenzüberschreitenden Krise ein Hoffnungsbringer für die bundesdeutsche Politik sein soll, blieb ein Rätsel. Immerhin war es die SPD unter Führung von Ex-Bundeskanzler Schröder und Finanzminister Eichel und später dann, in der großen Koalition mit Steinbrück im Amt, die blindwütig die Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte vorantrieb. Windigen Finanzmarktprodukten wurde der Weg geebnet, Hedgefonds wurden ins Land gewinkt und mit Steuerbefreiungen gesegnet. Darüber hinaus bleibt Steinbrücks Profil im Nebulösen. Das SPD-Trio habe kein Interesse daran, dass „Personalfragen die wichtigsten Sachfragen überlagern“, erklärte er in einem Zwiegespräch mit seinem Förderer Schmidt in der Zeit. Welche so wichtigen Sachfragen die SPD für den Wähler bereit hält, schaffte Steinbrück allerdings nicht zu vermitteln.
Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier fehlt nicht nur Charisma sondern auch die klare Kontur. Nie hat sich der einstige Strippenzieher aus dem Kanzleramt von seinem Image als Macher in der zweiten Reihe befreien können. Schon einmal trat Steinmeier glücklos gegen Amtsinhaberin Merkel an. Was aber sollte er jetzt parat halten, um sie aus dem Amt zu kicken? Die hilflos anmutenden Attacken auf die Kanzlerin und den schwächelnden Koalitionspartner verpuffen regelmäßig ohne, dass die Genossen daraus Kapital schlagen konnte.
Parteichef Sigmar Gabriel, immerhin, will im nächsten Jahr den Bundestagswahlkampf 2013 ganz unter der Leitidee einer Gerechtigkeitsdebatte führen. Keine dumme Idee in einem Land, in dem die Schere zwischen arm und reich immer weiter aufgeht. Der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands 2011 macht deutlich: Auch in Zeiten starken Wachstums – wie in den Jahren 2006, 2007 oder 2010 – sind immer mehr Menschen von Armut bedroht. Und es sind längst nicht mehr nur Hartz-IV-Bezieher, sondern auch Menschen mit geringen Einkommen, die nicht über die Runden kommen.
Beste Voraussetzungen also für eine Partei, die für soziale Gerechtigkeit einstehen will. Doch statt auf die Probleme der Gegenwart einzugehen und konkrete Lösungen anzubieten, verheddert sich Gabriel mit Losungen aus der Vergangenheit: Auf dem Parteitag der SPD im Dezember bemühte er dazu Hoffmann von Fallersleben: „Nicht betteln, nicht bitten, nur mutig gestritten. Nie kämpft es sich schlecht für Freiheit und Recht”. Die Partei mag das milde stimmen, dem Wahlvolk entlockt derart nostalgisches Herumgeschwurbel allenfalls ein müdes Lächeln.
Wie wenig die SPD-Troika der CDU zuzusetzen versteht, zeigt sich nicht zuletzt angesichts der aktuellen Umfragen: Mit 42 Prozent erreichte die Koalition jüngst ihre beste Bewertung seit Amtsantritt im Herbst 2009. Vergessen, dass Merkels Kanzlerschaft bislang alles andere als unter einem guten Stern stand. Vergessen, dass die schwarz-gelbe Koalition seit Anbeginn als zerstrittener Haufen daherkam, dem ein koordiniertes Regierungsmotiv gänzlich abzugehen schien. Vergessen, dass eine Pleite die nächste jagte: Die unterirdische Steuersenkungsdebatte, der Abgang des falschen Doktors zu Guttenberg, der liberale Koalitionspartner in Auflösung, das rückwärtsgewandte Betreuungsgeld. Und nicht zuletzt das von Merkel lange unterschätzte europäische Schuldendesaster. Es dauerte Wochen, bis „Madame No“ den Ernst der Lage erkannte und willens war, zuzupacken. Hagelte es im August noch Kritik an der Kanzlerin und ihrem Krisenmanagement, hat sie sich nun in Umfragen wieder hochgeboxt.
Dabei wäre die Großwetterlage günstig für einen Wechsel, die Stimmung ist links, die Menschen gehen auf die Straße, gegen missliebige Projekte wie Stuttgart 21 und Flughafenausbau, gegen das unkontrollierbar gewordene globale Finanzsystem. Zudem liegt die FDP, Inkarnation eines als eiskalt empfundenen Neoliberalismus, am Boden.
Doch diese Stimmung vermag die SPD nicht abzugreifen. Die Genossen haben inhaltlich nichts anzubieten. Gabriel gibt gar die hilflos anmutende Losung aus, nicht gegen Merkel antreten zu wollen.
Da bleibt die Frage: Ja gegen wen denn sonst, wenn nicht gegen Merkel? Tick, Trick und Track bleiben was sie sind: Drollig anzuschauen, aber nicht ganz ernst zu nehmen.

Dieser Beitrag wurde unter Alle Artikel, Politik: Deutschland, STREIT-BAR abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.