MAULHELD: Jay Carney

“Wir sind extrem enttäuscht.“

Politblog debattiersalon | Maulhelden | Logo: Katharina Greve © 2013 Ja, richtig gelesen. Die US-Regierung hat diese Woche genau diesen Satz verlautbaren lassen, durch den Sprecher von Präsident Obama (der mit dem Nobelpreis) höööööchstpersönlich. Und der Satz ging noch weiter: „Wir sind extrem enttäuscht, dass die russische Regierung diesen Schritt unternommen hat, obwohl wir sie öffentlich und vertraulich sehr entschieden und rechtsgemäß darum gebeten hatten, Herrn Snowden an die USA auszuliefern.”

So einfach ist das also für die Amerikaner, ein bisschen emotionales Herumgeschwurbel, schnief schnief, und die Welt wird schon verstehen, warum die USA Edward Snowden, den Mann, der die wohl unverfrorenste staatliche Ausspähoffensive von Bürgern weltweit ans Licht zerrte, verfolgt wie einen Terroisten. Ihm die Bürgerrechte abspricht, ihm den Pass entzieht, ihn der Spionage bezichtigt, ihn fertig machen will, um zu verhindern, dass noch mehr von den ungeheuerlichen Schnüffel- und Spähattacken der Obama-Administration öffentlich werden.

So unbedeutend das Zitat auf den ersten Blick auch scheinen mag, es ist ein neuerlicher Beweis für die Dreistigkeit und Tatsachenverdrehung, mit der die US-Regierung im Falle Snowden zu Werke geht: Wieder einmal versucht sie, die eigentlichen Täter (amerikanische Geheimdienstler und ihre staatlichen Auftraggeber) als legitime Handlungsakteure darzustellen und aus dem abtrünnigen Whistleblower (der laut Carney gar kein Whistleblower ist) einen Kriminellen zu machen. Diese fortgesetzte Strategie hat nur ein Ziel: Die eigenen kriminellen Machenschaften zu legitimieren. Und jenen, der der Welt Auskunft darüber geben kann, wie weitreichend diese Machenschaften sind, zu diskreditieren, mundtot zu machen.

Nein, liebe US-Regierung, nicht IHR habt enttäuscht zu sein, dass man eure Spielchen nicht mehr mitspielt, Herr Snowden nicht und die russische Regierung auch nicht, in dem sie dem Flüchtigen nun für ein Jahr Asyl gewährte.
Die Welt, Europa, Deutschland, WIR BÜRGER sind enttäuscht, dass wild gewordene Geheimdiensttrupps unser Grundrechte systematisch und grenzenlos mit Füßen treten. WIR sind enttäuscht, dass die amtierende deutsche Regierung entweder zu naiv ist, um zu wissen, was da tageintagaus aus millionenfachen persönlichen Daten herausgesogen wird oder schlicht und einfach unverfroren genug war, bei der globalen Ausspähattacke freundlicherweise behilflich gewesen zu sein.

WIR sind enttäuscht, dass wir einen Innenminister haben, der in dieser Causa agiert wie ein Vierjähriger, dem der böse Spielkamerad gerade eine Handvoll Sand ins Gesicht geschmissen und frech grinsend den Arm verdreht hat und den Rotzebengel nun für seine Hinterhältigkeiten auch noch lobt, gut gemacht, fein gemacht, alles paletti. Und WIR sind enttäuscht, dass man uns mit lächerlichen Zitaten abspeisen will als gehe es beim Prism-Skandal um eine klitzekleine Petitesse, die in den nächsten Wochen schon wieder vergessen sein wird – gibt ja schließlich Schlimmeres. Das wohl erbärmlichste Beispiel hierfür lieferte Angela Merkel, die Künstlerin der Null-Aussage: “Es ist nicht meine Aufgabe, mich in Details von Prism einzuarbeiten.” Angesichts solcher bodenlosen Verfehlungen dessen, was ein Regierungschef in solchen Situationen zu machen und zu sagen hat, sind WIR nicht nur extrem enttäuscht, sondern auch extrem wütend. Wir hoffen, dass diese Wut nach der anstehenden Bundestagswahl wenigstens ein wenig verraucht ist und wir dann eine Regierung haben werden, die ihren Job macht: Aufklärung betreibt, Transparenz schafft und der US-Regierung das große STOP-Schild präsentiert.

Dieser Beitrag wurde unter Alle Artikel, MAULHELDEN abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.