MAULHELD Gabriel: Diese hysterischen Deutschen

Es ist eine peinliche Sache, wenn Spitzenpolitiker schonungslos in aller Öffentlichkeit ihren Zynismus unter Beweis stellen. Auf dem Wirtschaftsforum in Davos mimte Vizekanzler Sigmar Gabriel in einer Diskussionsrunde über das Freihandelsabkommen TTIP dieser Tage den selbstgefälligen Quasselonkel. In Deutschland sei das Thema besonders schwierig, trompetete Gabriel. Das habe einen Grund: Deutschland sei „reich und hysterisch“.

Plumper kann man eine derart komplexe Gemengelage wie das Abkommen und die kontroverse Debatte über Vor- und Nachteile kaum kommentieren, zumal nach Gabriels Deutung damit nicht nur ganz Deutschland „hysterisch“ ist, sondern auch Teile seiner eigenen Partei, die TTIP – anders als Gabriel – ebenfalls mit größter Skepsis sehen. Kritiker sehen in TTIP zurecht einen Generalangriff auf unsere national-staatlichen Standards.

Auch in einem zweiten Punkt outete sich der Vizekanzler als unreflektierter Haudrauf: Deutschland ist reich, keine Frage. Entlarvend nur, dass dem Sozialdemokraten dabei nicht in den Sinn kam, dass dieser Reichtum immer ungleicher verteilt ist, dass weite Teile der Bevölkerung auf der Strecke bleiben, Kinder etwa, von denen immer mehr in Armut aufwachsen.

Das alles: Nicht so wichtig – der Wirtschaftsminister hat schließlich Größeres im Sinn. CETA und TTIP entgegen der Warnungen von Verbraucherschutzorganisationen und Gewerkschaften endlich unter Dach und Fach zu bringen. Wenn er sonst schon nichts zu Wege bringt, will der Vizekanzler wenigstens die umstrittenen Vereinbarungen mit Kanada und den USA auf seinem persönlichen Haben-Konto verbuchen.

Da ist diese deutsche Hysterie allerorten ungemein hinderlich. Wer sich also berechtigter Weise Sorgen um den Schutz von Verbrauchern und Qualitätsstandards macht, wem davor graust, dass dubiose, kaum legitimierte Schiedsgerichte künftig in Folge der Freihandelsabkommen die nationale, unabhängige Justiz aushebeln, ist schlicht hysterisch. So einfach ist die Welt des Sigmar Gabriel.

Wie dummdreist muss man sein, wenn man diese Ausführungen in aller Öffentlichkeit dann auch noch mit den Worten schließt: Die Davoser Diskussionsrunde möge das Ganze nicht in die Zeitung bringen. Man sei ja schließlich unter sich. Ein echter Brüller, unser Wirtschaftsminister. Blöd nur, dass es Handys mit Kamerafunktion gibt:

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