Von Marcus Müller
Es könne noch „lustig“ mit Joachim Gauck werden, hat Wolfram Weimer vor einiger Zeit in einem Kommentar vorhergesagt. Seine Präsidentschaft habe das Zeug, „zum größten Trojanischen Pferd der bundesrepublikanischen Geschichte zu werden“.
Recht zügig ist Gauck inzwischen seinem hölzernen Gefährt entstiegen, auf das er – um bei möglichst vielen Zustimmung zu erheischen – zuvor etwas albern draufgepinselt hatte, er sei ein „linker, liberaler Konservativer“ .
Spätestens mit diesem Gerede hätte man ihn als Quatschkopf abtun müssen, statt sich, ich bekenne mich mitschuldig, ihn als gewisse Erlösung von dem Wulff-Gewürge zu empfinden.
Die wieder erlangte Freiheit von den Peinlichkeiten des Hannoveraner Schnäppchenjägers währte mit dem Nachfolger leider nicht sehr lange. Denn der hat sich nicht nur mit der angelegten „Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ , sondern auch singend , , schreitend und mildtätig, durch seine ersten Amtstage geschlagen.
Nein, er musste auch noch mal zeigen, wie extra-schlau er ist: Bei der Förderung erneuerbarer Energien sprach er allen Ernstes nicht über Strahlengefahr und Klimawandel, sondern sah die sozialistische Planwirtschaft wieder aus der Gruft steigen (http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2012/06/120605-Woche-Umwelt.html).
Da musste sich wohl eher jemand beim FDP-Bambi Philipp Rösler fürs später so schrecklich peinlich ausgeplauderte Ins-Amt-Hieven bedanken.
Nur als Vorschlag für weitere tagespolitische Anmerkungen: Die völlig unsozialistische, dafür aber etwas stinkende Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers auf Wunsch der FDP hat ebenso noch keine gebührenden präsidialen Worte abbekommen, wie die eben erst eingeführte Zollfreiheit für fliegende Teppiche von Ministern.
Von den grotesk vielen Steuer-Milliarden, die jahrzehntelang in Atomkraft- und Kohleförderung (http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/energie/Kohlesubventionen_1950-2008.pdf) gebuttert wurden, wollen wir gar nicht erst reden. Und ob das aus Gründen der Versorgungssicherheit vielleicht gar nicht blöd war, schon gar nicht.
Inzwischen simuliert der Ex-Pastor unter fröhlicher Mithilfe der Medien weiter den angeblich Unbequemen. Was sollte denn die Gaucksche Wortklauberei um Kanzlerin Angela Merkels Äußerung, die Sicherheit Israels gehöre zur deutschen Staatsräson? Ich halte das selten klare Bekenntnis Merkels für richtig, aber was genau wollte eigentlich der Präsident? Sie korrigieren, aber ihr am Ende dann doch nicht widersprechen?
Und worin bitteschön unterscheidet sich seine fast lächerliche Distanzierung vom Ausspruch Wulffs zum Islam? Noch dazu mit der überheblichen Behauptung, Wulff habe lediglich eine problematische „Ein-Satz-Formulierung“ gebraucht? Klar, so was würde dem Prediger sicher nie passieren.
Ist das tatsächlich mehr als eitel und selbstverliebt? Oder ist es eigentlich doch nur das Gleiche, gefärbt in Gauck? Vom medialen Getöse drumherum befreit, laufen des Präsidenten neue Worte am Ende jedenfalls auch nur auf ein nacktes Politiker-Wischi-Waschi hinaus. So sehen also Querdenker aus.
Aber es wird noch unlustiger mit Gauck. Ausgerechnet in der Clausewitz-Kaserne – ja, das war der Mann mit dem geflügelten Zitat vom Krieg als Fortführung der Politik mit anderen Mitteln – hat Gauck schon wieder eine merkwürdig unausgegorene Rede gehalten.
Wenn Gauck darauf hinweist, dass über die Einsätze der Bundeswehr in Gesellschaft und Politik zu wenig geredet wird, ist das richtig. Das trifft aber genauso auf die oft nur spärliche Erörterung von Sinn und Unsinn der Einsätze zu – was Gauck leider nicht einmal ansatzweise zu beheben versucht. Bei genauerem Hinhören werden seine Worte zudem fast anstößig: Als Gauck etwa von den „Mut-Bürgern in Uniform“ redet und der „Bereitschaft zur Hingabe“, dann bleibt er doch sehr abstrakt und beschönigend an der Oberfläche. Da ist Kurt Tucholsky mit seinem bekanntesten Satz noch immer näher und klarer bei der Sache!
Die unglaublich zynisch so genannten Kollateralschäden, die zivilen Opfer, auch das Leiden der Soldaten an ihrem Beruf, die Trauer von Hinterbliebenen auf beiden Seiten – fast kaum ein Wort ist das Gauck wert, außer abstrakten Formeln. Eine gute Rede hätte die Chance gehabt, diese Tiefen des Militärischen auszuloten. Er hat sie vertan. Gauck gelingt nur eine Lobhudelei für die Bundeswehr in der Art eines überkommenen Hurra-Patriotismus. Und wenn er dann schon wieder arg bemüht die DDR hervorholt und kritisch auf das Wirken der Nationalen Volksarmee blickt, dann wäre zumindest auch ein Schielen auf Kriegsgewinnler im Heute erlaubt. Die Erkenntnis ist ja nun nicht so brandneu, dass die Freiheit des Ölflusses sowie die Aussicht auf Geschäfte noch jede Entscheidung beschleunigt hat, in den Krieg zu ziehen.
Vollends bizarr wird es allerdings, als Gauck bei der Bundeswehr von einer „glückssüchtigen Gesellschaft“ redet, in der wir leben. Hätte er etwa das Gegenteil lieber? Was ist so falsch an der Unabhängigkeitserklärung Amerikas, die ausdrücklich das „Streben nach Glück“ an die Seite des Rechts auf Leben und Freiheit stellt? Hier darf Gauck und seinen Redenschreibern wohl ein veritabler Patzer unterstellt werden. Anderenfalls wäre sein ganzes Freiheitsgerede nur ein mediengerechter Palaver.