Friedrich, das wandelnde Sicherheitsrisiko

Von Marion Kraske

Was wäre der Super-Gau für die deutsche Politik? Ganz einfach: Wenn Hans-Peter Friedrich, wie am Wochenende unter Verweis auf Parteikreise berichtet wurde, auch der zukünftigen Regierung angehören würde. Sein CSU-Kollege Ramsauer, der ebenfalls wieder mit dabei sein soll, sofern sich die Verhandlungspartner denn mal auf eine gemeinsame Koalition einigen würden, gehört ohne Zweifel zu den schwächeren Vertretern im Merkel-Kabinett. Innenminister Friedrich aber ist noch viel mehr: ein Totalaussetzer – und eine intellektuelle Zumutung.

Seit Anbeginn ist dem Bayern sein Amt ein paar Schuhgrößen zu groß. Und das ausgerechnet in einer Phase, in der im Innenressort ein Vertreter von staatstragendem Format und ausgeprägter Analysefähigkeit gefragt gewesen wäre. Friedrich aber hat nichts davon, er wirkt mitunter wie ein Kindergartenkind im Sandkasten, das im Kreise von Gleichaltrigen als Einziger Probleme hat, seine Förmchen mit dem rieselnden Etwas zu befüllen.

Nicht nur, dass er sich infolge des Auffliegens des NSU-Mordtrios offenbar erstmals mit den tatsächlichen Gefahren durch den Rechtsextremismus auseinander gesetzt hat – war er doch bislang eher als einer jener blinden Vertreter aufgefallen, die mit schöner Regelmäßigkeit die Gefahren des Rechtsextremismus und Linksextremismus gleichsetzten – was angesichts der Todeszahlen durch den Rechtsextremismus (und der fehlenden des Linksextremismus) einer unverzeihlichen Verharmlosung gleichkam. Unwissenheit? Naivität? Ideologischer Blindflug? Im Zweifel eine unheilige Melange aus allem. Fest steht: In Sachen Rechtsextremismus fehlte es Friedrich nachweislich am nötigen Problembewusstsein. Wohl auch an Kompetenz. Womöglich hat sich bis dato nichts daran geändert.

Seit Monaten ringt die Republik nun mit den Folgen des NSA-Skandals – und bis heute hat Friedrich die Tragweite auch dieser Gefahr für die Verfasstheit Deutschlands, vor allem für ihre verbrieften Grundrechte, weder nachvollziehen können noch erkennen lassen, dass er in der Lage wäre, die erforderlichen Schlüsse zu ziehen und diese in konkrete POLITIK umzusetzen.

Ohne die schweren Anwürfe gegen die amerikanischen Geheimdienste überhaupt geprüft zu haben, hatte er bereits im August erklärt, dass „alle Verdächtigungen ausgeräumt“ seien. Es habe, so der Minister einmal mehr nicht ganz auf der Höhe der Fakten, viel Lärm um falsche „Behauptungen und Verdächtigungen“ gegeben, die sich „in Luft aufgelöst hätten“

Inzwischen ist bekannt geworden, dass die von Friedrich so hoch gelobten “amerikanischen Freunde” selbst vor Merkels Handy keinen Halt machten. Dessen ungeachtet stellte sich der Minister vergangene Woche im Bundestag hin und faselte neuerlich vom “angeblich” abgehörten Handy der Kanzlerin. Ernst zu nehmen ist so ein Auftritt kaum mehr.

Zugegebenermaßen ist die chronische Realitätsferne des Ministers einerseits höchst belustigend – die Heute-Show mit Oliver Welke kürte ihn vergangene Woche trefflich zum Nullchecker in Sachen US-Abhörattacken, andererseits stimmt sie höchst bedenklich. Wenn ein Kegelbruder keine Ahnung vom Kegeln hat, wird er kaum in ein hohes Amt gewählt oder schnellstmöglich wieder aus dem Amt gekickt. Wenn ein Minister im Innenministerium nicht willens oder in der in der Lage ist, die tatsächlichen Gefahren auszumachen, wenn er schön redet und verharmlost wo klarer Verstand und Analyse notwendig wären, wird er selber zur Gefahr für die innere Sicherheit eines Landes. Und gehört ausrangiert. Eine Witzfigur im Innenministerium darf sich Deutschland nicht noch einmal vier Jahre lang leisten.

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