Die Selbstbediener

Von Siegesmund von Ilsemann

Um insgesamt 584 auf dann 8252 Euro haben sich unsere Berliner Volksvertreter soeben ihre Monatsbezüge erhöht. Dieser für 2012 und 2013 in zwei Schritten geplante Zuschlag falle mit etwa 3,8 Prozent „moderat” aus, behauptet die Bundestagsverwaltung. Gewiss, was „hinten raus kommt”, wie es ein Altkanzler mal formulierte, ist nicht gerade ein gewaltiger Posten in einem Bundeshaushalt, der sich fürs laufende Jahr auf mehr als 300 Milliarden Euro addiert. Im Vergleich zu anderen Beziehern staatlich finanzierter oder wenigsten garantierter Alimente wirkt diese parlamentarische Selbstbedienungsmentalität jedoch geradezu maßlos.

Um ganze 2,7 Prozent stieg in diesem Jahr der Hartz-4-Regelsatz auf heute 374 Euro im Monat, mit denen man nach Meinung vieler Sozialexperten noch immer kein „menschenwürdiges Leben” finanzieren kann. Dieser von der Regierung erst nach heftigem Ringen und harscher öffentlicher Kritik auf zehn Euro verdoppelte „Zuwachs” ersetzt die gesetzlich vorgeschriebene jährliche Anpassung an den Anstieg der Lebenshaltungskosten – ohne allerdings Inflationsrate und allgemeinen Lohnanstieg voll auszugleichen. Das eingerechnet erhalten die Ärmsten der Armen – anders als die Volksvertreter – entgegen allen vollmundigen Versprechungen der schwarz-gelben Koalition immer weniger „Netto vom Brutto”.
Auch deutsche Rentner, die zuletzt mit einem – von Politik und Medien als „Erfolg” gefeierten – „Zuwachs” ihres Entgelts für eine lebenslange Arbeitsleistung abgespeist wurden, der mit gerade mal einem Prozent weit unter der Erhöhung der Lebenshaltungskosten bleibt, werden einen „moderaten” Zuschlag von knapp vier Prozent wohl nie erleben. Ja, Millionen deutscher Geringverdiener, Aufstocker und Zeitarbeiter können von einem solchen Einkommens-Plus bestenfalls träumen.
Unsere Selbstbediener haben sich lieber einkommensmäßig mit einer der bestbezahlten Beamtengruppen, den Bundesrichtern, verlinkt, statt auf ihre Bezüge aus dem Staatssäckel jene Sparappelle und Leistungseinschnitte anzuwenden, die dazu beigetragen haben, dass Deutschland der einzige hochindustrialisierte Staat ist, in dem während der vergangenen Dekaden der Reallohn gesunken ist, statt zu steigen.
Steigt der Beamtensold um zwei Prozent darf sich der Bundestag denselben Zuschlag gönnen. Und der fällt dann naturgemäß deutlich höher aus als bei den armen Schluckern, denn zwei Prozent von 7000 Euro ergeben eben 140 Euro – zwanzig mal mehr als der gleiche Anstieg bei Hartz vier.
Pech für die da unten, aber so steht es nun mal im Gesetz. An das ist auch der Bundestag gebunden – gerade deswegen hat er es ja genauso beschlossen.

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