Der überflüssige Kandidat

Von Marion Kraske

Peer Steinbrück - Der überflüssige Kandidat | debattiersalon | Foto: © Marcus Müller 2012Was soll das? Zwischen den Jahren – allgemein eine Zeit der Besinnung und Reflexion – bringt sich Peer Steinbrück mit einem ganz besonderen Vorstoß in die öffentliche Debatte ein: dem Kanzlergehalt. Jeder Sparkassendirektor in NRW, empört sich der Genosse in einem Interview, verdiene mehr als die Kanzlerin.
Arme arme Kanzlerin also, die sich mit ihrem Gehalt gerade mal so durchschlägt, weil sie sich nicht mit den Bestverdienern der Republik vergleichen kann? Was für ein Skandal!

Fragt sich nur, was Steinbrück mit dem peinlichen und überflüssigen Vorstoß beabsichtigt – will er das Gehalt des Regierungschefs schon mal vorsorglich in die Höhe reden, für den Fall, dass er Angela Merkel bei der anstehenden Bundestagswahl ablöst?

Das Problem ist nur: So wird Steinbrück den Weg ins Kanzleramt nie schaffen. Erst machte er mit horrenden Rednerhonoraren von sich reden, die nicht nur jegliches Maß seitens des Akteurs vermissen ließen, sondern auch die bodenlos dreiste Verplemperung von Steuergeldern (wie vor allem im Falle der Wasserwerke Bochum) belegten.

Und nun also das Kanzler(innen)salär. Will sich Steinbrück allen Ernstes mit dieser Instinktlosigkeit als Alternative zu Merkel positionieren, die so gut wie lange nicht dasteht? Steinbrück zeigt damit nicht nur ein weiteres Mal wenig Sensibilität für das, was angeraten ist und was nicht. Er erweist sich auch als blind für die eigentlichen Probleme im Land. Denn eigentlich gäbe es für eine wache Opposition mit einem wachen Kandidaten genug Themen, mit denen man sich als Alternative zu Schwarz-Gelb präsentieren könnte.

Da wäre die steigende Kluft zwischen den sozial Schwachen und den Reichen, da wäre eine Armut, die sich verfestigt und es für die Betroffenen immer schwerer macht, sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Da wäre die Tatsache, dass die deutsche Mittelschicht dramatisch schrumpft – vom steigenden Wohlstand vermag nur noch ein kleines elitäres Grüppchen zu profitieren.

Da wäre das extreme Lohngefälle zwischen Männern und Frauen, das die OECD in einer soeben veröffentlichten Studie anprangert. Danach ist Deutschland in Europa Spitze beim Gender-Pay-Gap – nirgendwo in der EU bekommen Frauen weniger für vergleichbare Positionen wie ihre männlichen Kollegen. Schließlich wären da die schlechten Rahmenbedingungen für Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren, da wäre die hohe Altersarmut von Frauen – nicht zuletzt eine Folge ihrer miserablen Bedingungen am Arbeitsmarkt.

Über all das hätte ein Kanzlerkandidat Steinbrück reden können, ja reden müssen – nicht zuletzt deswegen, weil sich die Kanzlerin trotz dieser massiven Fehlentwicklungen nicht erblödet, die Leistungen ihres Kabinetts fortgesetzt und lautstark mit Superlativen zu belegen.

Steinbrück aber, der Mann der Millionenhonorare, blendet die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit in diesem Land aus und entscheidet sich für ein überflüssiges Luxusproblemchen, das außer Merkel und ihn als Aspiranten für das Amt des Regierungschefs wohl niemanden interessiert. Der Mann der überflüssigen Themen macht sich auf diese Weise selber überflüssig. So einen Kanzlerkandidaten braucht keiner. Schon gar nicht die SPD.

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3 Antworten auf Der überflüssige Kandidat

  1. Hallo Marion,
    ich frage mich fast auf die Sekunde zur gleichen Zeit auch – wie Du -, welche Wahnsinnsstrategie hinter diesem PS-Vorstoß stecken soll!

    Ich fass es nicht. Er hat doch eine SuperRede in Hannover gehalten und jetzt schon wieder das GeldThema – ohne Not!!

  2. Und Gertrud Höhler liefert mit ihrem Buch “Die Patin” und ihren beiden Artikeln im Cicero doch Stoff ohne Ende gegen Merkel – auch wenn Höhlers Argumentation ein wenig chaotisch und oft stark interessengeleitet ist( pro KKW, gegen Energiewende, mehr neoliberales Zeug etc.)

    Aber die Aushöhlung demokratischer Prozesse – parlamentarisch und innerhalb der CDU können doch von guten Beratern wunderbar aufbereitet werden.

    Oder Steinbrück macht den marktradikalen Ersatz-FDP-Vorsitzenden, macht die FDP total kaputt und schiebt die linken Wähler zu der LINKEN und den GRÜNEN.
    Dann wäre Merkel allein zuhaus – oder so ähnlich!!!

  3. Marion sagt:

    Hast du Lust, das Höhler-Buch im Debattiersalon mal vorzustellen?