Der Traum vom Befehlsempfänger

Von Marion Kraske

Früher war alles so schön einfach: Ein kurzer Anruf bei den geliebten Befehlsempfängern und schon hatte man das Programm und die Artikel, das man sich wünschte. So sah sie aus, die schöne christsoziale Medien-Traumwelt, die wohl ab und an auch traurige Realität war. Der Sprecher der CSU, Hans Michael Strepp, obschon eher zur jüngeren Generation zählend, hat augenscheinlich versucht, die guten alten Zeiten wieder zu beleben. Mit einem kleinen Anruf beim ZDF.
Nicht nur irgendwo, nein, beim diensthabenden Kollegen der heute-Redaktion. Strepp soll dort versucht haben, einen Bericht über den bayerischen SPD-Landesparteitag zu verhindern. Die Tagesschau, so das überlieferte Argument, bringe zu dem Thema schließlich auch nichts.

Sollte der Anruf so stattgefunden haben, ließe das Rückschlüsse auf das Demokratieverständnis des christsozialen Sprachrohrs zu: Erstens: Wenn die Tagesschau nichts macht, muss auch das ZDF verzichten? Mediale Gleichschaltung lautetete demnach das Streppsche Mantra. Zugegeben, damit haben Parteien unterschiedlichster Couleur weltweit wunderbare Erfahrungen gesammelt. Eine Methode, die an Effizienz nicht zu überbieten ist: Wenn man eine (Redaktion) kontrolliert, hat man gleich alle unter Kontolle.

Zweitens: Das grundsätzliche Ansinnen überhaupt. Die Einforderung des Verzichts auf die Berichterstattung über den politischen Gegner. Eine bewährte Methode vor allem in Diktaturen, sich und die eigene politische Strömung als allein relevante Kraft zu präsentieren. Sehr erfolgreich und sehr effizient. Es steht zu befürchten, dass das auch Herr Strepp weiß.

Blöd nur, dass die Spielregeln hierzulande andere sind als die, die anderswo noch immer gelten und im Bayern-Ländle womöglich dann und wann mal Usus waren. Und so steht nun vor allem der versuchte Meister der Gleichschaltung und des Drohanrufs blöde da. Obwohl Mitarbeiter gegenüber der SZ vom „Versuch der politischen Einflussnahme“ sprachen, bestreitet Strepp allerdings, dass er Einfluss habe nehmen wollen.

Was soll er auch sonst tun? Zugeben, dass er lieber eine Presse hat, die einzig und allein über die geliebte CSU berichtet, die hofberichterstattet ganz wie zu Franz Josefs Zeiten? Und natürlich rücken Generalsekretär Dobrindt und Parteichef Seehofer an seine Seite. Eine Erklärung für den Anruf Ihres Sprechers haben sie allerdings auch nicht. Wollte sich Strepp etwa nur nach dem Gesundheitszustand der heute-Mannschaft erkundigen? Macht man doch so als Sprecher einer “Volks”-Partei, man kümmert sich und fragt nach dem Wohlergehen desselben.

Immerhin: Strepp hat nicht wie unser Ex-präsidialer Wulff den Versuch gemacht, sich wichtiger zu machen als er ist. Ich komme gerade vom Emir – nein, das brauchte ein Strepp nicht, für ihn war die gefühlte Macht der eigenen Partei ausreichend, um zu intervenieren. Berichte das ZDF dennoch, soll er während des Telefonats ausgeführt haben, „werde das Diskussionen nachziehen“. Ach ja, die guten alten Zeiten! War das schön, als diese oder jene Drohung noch wirkte. Wann nur, liebe CSU, kommt denn auch ihr in der Gegenwart an?

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