Dank der FDP: Lachen wird erste Bürgerpflicht!

Von Marcus Müller

Dirk Niebel pimpt sein Entwicklungs-Ministerium mit FDP-Gefolgsleuten auf – und das ist toll. Malt der einstige FDP-Generalsekretärs-Rambo damit doch auf erstaunlich trotzige Art ein weiteres Sittengemälde dieser schwarz-gelben Koalition.
Im aktuellen Fall geht es um die ehemalige Oberbürgermeisterin von Ettlingen im Schwarzwald. Sie wird Geschäftsführerin einer Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement. Dass sie FDP-Mitglied ist und aus dem gleichen Landesverband wie Niebel stammt, will die schäumende Opposition nicht für Zufall halten. In der Entwicklungspolitik sei die Frau bisher nicht aufgefallen, merkt die Zeitung Die Welt spitz an. Mehr als merkwürdig erscheinen zusätzlich Berichte nach denen die Betreffende schon vor Beginn des Auswahlverfahrens von ihrem neuen Posten gesprochen haben soll. Das hört sich eher nicht nach einer unabhängigen Auswahl einer Personalberatung an, wie Niebel Glauben machen möchte. Es ist auch nicht der einzige Fall der Ämterpatronage. Die FAZ listet weitere auf und schreibt indigniert: „Tatsächlich gibt es eine Reihe erstaunlicher Personalentscheidungen.“

Durchgedrückt haben die Regierungsfraktionen im Bundestag schon vor Weihnachten, dass für den Sachverständigenrat für Umweltfragen extra ein neuer Direktorenposten geschaffen wird. Den hat Jahrzehnte lang niemand benötigt und pikanterweise sickerte vorab ein FDP-Schriftstück an die Medien durch, in dem unumwunden stand, der Rat solle „dem unmittelbaren politischen Einfluss von Rot-Grün entwunden“ werden. Ähnliche Papiere kursieren offenbar auch für Ministeriums-Stellen und immer ist es die Splitterpartei FDP, die munter mitmischt.

Dirk Niebel ist ohnehin ein Wiederholungstäter. Bereits seine ersten Entscheidungen für Liberal-Personal hatten ihm gehörigen Krach eingebracht. Da war die Häme über die schon zu den Klassikern der Wahllüge gehörende Forderung der FDP, das Ministerium ganz abzuschaffen, noch nicht einmal abgeklungen. Die lauen Erklärungsversuche danach über die „einheitliche Außenwahrnehmung“ und mehr Effizienz, grenzten bereits an eine Beleidigung des interessierten Publikums.

Seltsam an diesem trotzigen Verhalten Niebels ist: Nach allem, was man der FDP schon vorgeworfen hat, dem Hartz-IV-Beleidigungs-Ausflug ihres Hobby-Historikers und Ex-Chefs Guido Westerwelle mit seiner „spätrömischen Dekadenz“, ihre Klientelpolitik wie etwa bei der „Mövenpick-Steuer“, der bitteren Einsicht in den eigenen „Lächerlichkeitsgrad“, wie es der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Holger Zastrow erst kürzlich formuliert hat, bei all dem würde man doch ein etwas umsichtigeres Verhalten erwarten. Schließlich ist es in diesen schnelllebigen politischen Zeiten schon noch etwas hin bis zur nächsten Bundestagswahl. Wäre da der ehrliche Versuch, den ruinierten Ruf wieder ein klein wenig zu heben, nicht sinnvoller? Offenbar nicht.

Entweder haben maßgebliche Figuren in diesem Schmierenstück schon jegliche Hoffnung und auch gänzlich den Ehrgeiz verloren, ihren lecken Kahn noch vor dem endgültigen Versinken in den rettenden Hafen zu bringen. Sprich: Die FDP gibt die nächste Bundestagswahl für komplett verloren, und, so scheint das Motto zu sein, wer weiß schon, wofür das Posten-Geschacher später noch einmal gut sein kann. Oder es schert sie tatsächlich kein noch so klitzekleines ihrer früher öffentlich gesprochenen Worte, etwa vom schlanken Staat, sondern lediglich der eigene kleine persönliche Vorteil.

Und wie wäre es eigentlich, wenn neue Bundesminister, welcher Couleur auch immer, nicht sofort nach einer Wahl die politischen Beamten reihenweise zum Spazierengehen schicken würden? Sie dürfen das zwar – aber wäre es im Sinne der Kontinuität und der Pflege der politischen Kultur nicht angebrachter, weiter auf sie zu setzen? Und sei es nötigenfalls mit ein wenig Druck namens Weisungsbefugnis?

Dafür, dass Niebel auch im aktuellen Fall tatsächlich an einem größeren schwarz-gelben Sittengemälde mittuscht, spricht übrigens leider auch das Rumgenöle aus der Union. Dort stößt man sich offenbar nicht am Versorgen von Parteigängern, sondern daran, dass die eigenen Leute zu kurz kommen!

Man muss also dem Herrn Niebel danken – dafür, dass er ein für alle mal klar gemacht hat: Wenn einer aus dieser blau-gelben Partei oder aus dieser angeblich „bürgerlichen“ Koalition noch einmal sagt, man tue etwas für das Land, dann darf, nein, dann muss in Abwandlung des Wahlspruchs aus der Biedermeierzeit gelten: Lachen ist erste Bürgerpflicht.

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