B-NOTE 11 | Genscheritis oder Liberaler Extramut | #btw13

Von Marcus Müller

debattiersalon | B-NOTE: Genschers Liberaler Extramut #btw13 | Foto: Marcus Müller © 10 / 2013In der Haut von Philipp Rösler (FDP, wenn sich jemand erinnert) möchte man derzeit eher nicht stecken. An einer historischen Niederlage der eigenen Partei mitgewirkt zu haben, macht sich nicht sonderlich gut im Lebenslauf. (Nein, Anschlussverwendung soll jetzt hier nicht stehen, der Mann ist – noch – Vizekanzler und kann auch anders!) Eine historische Bruchlandung röslerschen Ausmaßes überlebt man sonst nur in der SPD, der SPD, der SPD oder in der CDU. Bei den Liberalen hingegen wedeln die größten Staatsmannohren aller Zeiten dem lodernden Scheiterhaufen für die gescheiterten Jungspunde noch ein bisschen Extraluft zu. Solche Art Mut ist gerade ganz billig zu haben.

Hans-Dietrich Genscher, Ehrenvorsitzender der Schein-Liberalen und ansonsten bekannt für unvollständige Sätze sowie ekelhafte gelbe Modesünden, trat also noch mal höchstpersönlich nach. Dem SPIEGEL sagte er in seinem „Privathaus bei Bonn“ (oho, der SPIEGEL weiß sogar, dass der Mann privat wohnt!) über den soeben verschiedenen Wahlkampf der Liberal-Kollegen:

„Diese FDP-Zweitstimmenkampagne war unwürdig.“ Was ist doch Politik langweilig und ernüchternd und vorhersehbar! Immer stimmen die ollen Sätze über sie. In diesem Falle: Wenn Du einen Parteifreund hast, brauchst Du keine Feinde mehr. Und: Genau hinhören, besonders wenn die reden, die früher noch gelernt haben, die Prawda zu entschlüsseln. Diese FDP-Parteistimmenkampagne des Jahres 2013 war also unwürdig. Nicht hingegen: Die aus dem Jahr 1983, in dem Genscher Bundesvorsitzender der FDP war sowie Außenminister und Vizekanzler. Auch nicht die von 1987, als Genscher FDP-Bundestagsabgeordneter, Außenminister und Vizekanzler war. Ebenfalls ganz und gar nicht unwürdig war demnach wohl auch die westerwellesche Zweitstimmenkampagne 2005, als Genscher schon mehr als eine Dekade als Ehrenvorsitzender seiner Partei durch die Lande tanzte. Den SPIEGEL-Interviewern ist es aber offenbar egal, dass Genscher etwas geißelt, das zu seiner aktiven Zeit üblich war. Kein Thema für sie.

Und so ist es halt: Der Erfolg erlaubt alles. Zwar würde man mit Würde über die FDP heutzutage sowieso nicht mehr reden, doch diese genschersche Taktlosigkeit kann natürlich nur einen Abzug in der B-NOTE geben.

Politikblog debattiersalon | B-Note | Logo: Katharina Greve © 2013Zeigen Politik, Gesellschaft, Medien und PR-Salat-Verkäufer ausreichend Grazie, wenn sie ihre Tätigkeit in Wort, Schrift, Bild und Hosenanzug ausführen? So wie das für Eiskunstläufer festgestellt wird, will Marcus Müller es in seiner Kolumne B-NOTE über unser Öffentlichkeitspersonal für den debattiersalon herausfinden.

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