AUFGESPIESST: Von Tyrannen und Idioten

Ja, wie hätten´s denn gern, Herr Döring? Wie stellen Sie sich denn den Politzirkus so vor? Als Dauerabo für schwächelnde und inhaltsleere Parteien? Als in Beton gegossene Veranstaltung, in die keiner von außen mehr hinein darf, selbst, wenn das eigene bescheidene, an der Wahrnehmungsschwelle dahin vegitierende Pflänzlein namens FDP augenscheinlich nichts mehr so recht auf die Beine bringt? Schon gar nicht die holde Wählerschaft?

Raus also mit diesen Ganoven, die sich (Piraten-)Partei schimpfen und doch nichts weiter sind in Ihren Augen als ein Rudel dahergelaufener Netzidioten, die durch Zufall jetzt auch mal in der hohen Politik mitmischen? Dieser Plattform, die ja eigentlich für vier Parteien, Ihre Partei natürlich inbegriffen, auf Ewigkeiten reserviert schien. IHR Terrain sozusagen, für immer und ewig. Und nun das.

Da kommen so ein paar Dahergelaufene und sahnen ab, während man selber am Boden liegt. Ganz schön hart. Da hat man jahrelang die Geschicke der Republik mit entschieden, hat schön sein Fähnlein nach dem Wind gerichtet oder anders ausgedrückt: Sich zielgerichtet daran orientiert, einen mächtigen Macher zu finden, dem man dann treu zur Seite gesprungen ist, als Mehrheitsbeschaffer, als Partner auf Jahrzehnte. Und jetzt diese Niederlagenserie. 1,2 Prozent zuletzt. Eine Klatsche. Wie erniedrigend!

Da muss man einfach in die Offensive gehen, was bleibt einem übrig? Man will ja schließlich im Gespräch bleiben, irgendwie. Da fiel Ihnen dann das schöne Wörtchen von der Tyrannei ein. Tyrannei ist immer gut, das mögen die Leute nicht. Weder die tyrannische alte DDR, noch den Saddam, noch den Assad. Damit lässt sich schön Front machen. Und Tyrannei der Masse, das ist das Schlimmste, was sich ein Generalsekretär der Liberalen momentan so vorstellen kann. Die MASSE – das war schon der Kampfbegriff der Antidemokraten in der Weimarer Republik.
Die MASSE, das ist denn auch momentan der denkbar größte Gegensatz zur FDP, diesem kümmerlichem Rest nachkriegsgewordener Parteienlandschaft, diesem Wurmfortsatz demokratischen Abgewatschtwerdens. Dass die MASSE, sprich die Mehrheit, in einer Demokratie bestimmt, wo es lang geht, das wissen Sie ja auch, aus Sicht eines am Boden Liegenden ist das aber natürlich schwer zu akzeptieren.

Geben Sie ruhig zu, lieber Herr Döring: In solch desolater Lage spukt auch Ihnen das kleine, feine Durchhalteliedchen der untergegangenen Bauernrepublik im Kopf herum: „Die Partei, die Partei, die hat immer recht!” ( Und möge sie auch noch so unbedeutend sein…) Ach, wär das schön!

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