AUFGESPIESST: Untertanenzucht

debattiersalon | Aufgespiesst | Logo: Katharina Greve © 2013Deutschland gedenkt des 80. Jahrestages, an dem ein kleines, hässliches, beständig schreiendes Männlein mit willfähriger Unterstützung vieler Deutscher, der Parteien der Mitte, der Konservativen, des Reichspräsidenten und seiner braunen Prügelknaben die erste deutsche Demokratie zerschlug. Da ist es löblich, dass das Land Sachsen dieser Tage ein Zeichen setzt. Und was für eins.

Der Landtag in Dresden hat soeben die Immunität des Grünen-Abgeordneten Johannes Lichdi aufgehoben. Weil der am 19. Februar 2011 bei einer Blockade eines Nazi-Aufmarschs dabei war. Aber Moment, fordern nicht alle Sonntagsredner bis hin zur zaudernd leisetretenden Angela Merkel immer wieder, man möge den Nazis offen entgegentreten? Das kann schon sein, aber wer sich einem Nazi wie in den Weg stellen darf und ob überhaupt, das entscheidet in Sachsen noch lange nicht der Bürger. Wo kämen wir denn da hin. Gegen 351 “Störenfriede”, die sich erdreistet haben, Nazis bei der Ausübung ihrer legitimen Grundrechte entgegen zu treten, ist die Staatsanwaltschaft schon vorgegangen. Freie Fahrt für freie Nazis quasi. Und weil man in Sachsen als aufrechter Demokrat wenigstens genauso schlecht behandelt werden möchte wie seine Gesinnungsgenossen, begrüßt man als grüner Nazi-Blockierer sogar die Aufhebung der Immunität. Da gehen die Grünen mit gutem Beispiel voran.

Was man in Sachsen darf und was nicht, das wird im Zweifelsfall von oben festgelegt. Besser man fragt vorher, sonst gibt es mindestens einen juristischen Schriftsatz heiße Ohren. Also, sich ein Hakenkreuz tätowieren lassen und in der Öffentlichkeit zu zeigen, das geht gerade noch. Dieses Hakenkreuz aber zu fotografieren und aller Welt zu zeigen, dass in Sachsen Hakenkreuz-Träger Fußballplätze bevölkern, das geht so was von gar nicht, dass die Staatsmacht mit aller gebotenen Härte gegen diese Art der Heimatzersetzung vorgehen muss. Ein Witz? Kein Witz!

Darum stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen den Hakenkreuzträger schnell mal ein, gegen den Fotografen aber wird ermittelt. Halten wir also fest: Ein überzeugter Neonazis darf sein Hakenkreuz öffentlich zur Schau stellen, ohne dafür belangt zu werden. Wer aber kein Nazi ist und einen Nazi mit Hakenkreuz zeigt, macht sich nach Ansicht eines Staatsanwaltes des Zeigens eines Hakenkreuzes schuldig. Das kommt ihnen komisch vor? Sie fühlen sich an berlusconi-putin-hafte Methoden erinnert? Sie fühlen sich ein ganz klein wenig von staatlichen Amtsträgern verschaukelt? Dann müssen sie ein linker Antifa-Aktivist mit einer dunklen Vergangenheit in einem subversiven kommunistischen Studentenbund sein. Ein Fall für den Verfassungsschutz. Sie werden noch von uns hören. Na warte, komm du mir nach Dresden…

Es geht noch ärger. Wenn man in Sachsen mit dem tätowierten Bekenntnis „Heil Hitler“ einen Menschen ermordet, heißt das noch lange nicht, dass man auch wegen Mordes verurteilt wird. Das ist natürlich Totschlag. Schon gar nicht kann man vom Bekenntnis zu Adolf Hitler, dessen Rassenwahn und dem Hass auf Ausländer und Asoziale auf das Tat-Motiv schließen, wenn so einer seine Gesinnung in die Tat umsetzt. Um als Nazi ernst genommen zu werden, müsste man bei der Tat mindestens „Sieg heil“ oder „Ich ermorde dich jetzt, weil du ein dreckiger Ausländer oder lebensunwerter Asozialer bist“ rufen. Eben, das tun die Nazis ja gar nicht. Darum lässt sich rechte Gesinnung als Tatmotiv beim besten und beim nicht allzu groß ausgeprägten Willen auch nicht erkennen. Das ist zynisch? Das ist zu ernst, um es lächerlich zu finden? Ja, ist es. Das ist 80 Jahre nach der „Machtergreifung“ deutsche Realität.

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