AUFGESPIESST: Kulturkampf a la Vattenfall

debattiersalon | Aufgespiesst | Logo: Katharina Greve © 2013 Da hatte Vattenfall eine zündende Idee: Machen wir doch mal was anderes als (Atom-)Strom, machen wir in Kültür. Und so gibt es seit einigen Jahren in Hamburg die Vattenfall-Lesetage. Neben den AKWs Brunsbüttel, dem Pannenmeiler Krümmel und Brokdorf wurde fortan also ein wenig literarisches Rahmenprogramm geboten.

Dass sich daneben noch alternative Veranstaltungen etablierten, mitunter mit dem schönen Namen „Lesen ohne Atomstrom – die erneuerbaren Lesetage“, war der Kuratorin der Vattenfall-Veranstaltung offensichtlich ein Dorn im Auge. Geht ja auch nicht, dass sich neben IHREN Lesetagen noch so ein paar Dahergelaufene ebenfalls dem Thema Lesen und Literatur widmen. Wo kämen wir denn da hin?

Und so teilte die Dame aus: Die erneuerbaren Lesetage wollten die von ihr kuratierten Lesetage zerstören, „eine alte Kampfmethode“, die in Deutschland „traurige Tradition“ habe. Sie kontaktierte Gäste der erneuerbaren Veranstaltungsreihe wie Roger Willemsen und Jakob Augstein, sie sollten sich gut überlegen, ob sie Totengräber eines traditionsreichen Literaturfestivals werden wollten. Am liebsten hätte sie es wohl gesehen, wenn die Gäste den alternativen Veranstaltungen den Rücken zugewandt hätten. Ein einmaliger Eingriff in die freie Kulturszene. Mäzen Frank Otto spricht gar von „an Erpressung grenzenden Übergriffen gegen Künstler und Förderer“. Treffer.

Doch damit nicht genug, die Dame, die eigentlich ja Kultur anbietet, ging noch weiter in IHREM Kampf der Kulturen: Sie rückte die Veranstalter der erneuerbaren Lesetage in die linksradikale Ecke, schließlich unterhielten die Organsiatoren Kontakte in die autonome Szene. Auch die Öffentlichen Bücherhallen der Hansestadt, die nun die Alternativ-Lesetage unterstützen, wurden ins Visier genommen. Hier rückte Vattenfall mit einem Tross von fünf Kulturkämpfern höchstselbst an. Geht ja auch nicht, dass sich öffentliche Bücherhallen einfach so ein paar Dahergelaufenen Alternativfredis mit Kontakten zu Autonomen und sonstigen Linksradikalen zuwenden. Wo kämen wir denn da hin?

Alles in allem hatte Vattenfall da wohl keine so zündende Idee. Der Kulturkampf gegen die alternativen Lesetage entwickelt sich nach Bekanntwerden der seltsamen Machenschaften der Vattenfall-Kuratoin zum PR-technischen Super-Gau. Damit bleiben die AKW-Betreiber in gewissem Sinne ihrem Kerngeschäft treu.

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